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Was heute geschah – 03. Februar 1875 Camille Saint-Saëns heiratet überraschend

Le Cateau, 3. Februar 1875. Der Komponist Camille Saint Säens heiratet die Industriellentochter Marie-Laure Truffot. Es war allerdings keine Liebsheirat. Und die Ehe nahm auch kein glückliches Ende.

Bildquelle: picture-alliance/akg

Die Sendung zum Anhören

Camille Saint-Saëns ist fast 40 Jahre alt und lebt immer noch bei seiner Mutter. Die energische Madame ist ihm Muse, Mentaltrainerin und Kritikerin. Wie aus heiterem Himmel taucht plötzlich Mademoiselle Truffot auf: Schwester eines Klavierschülers und Industriellentochter. "Als ich 19 war, erhielt mein Bruder einen sehr launigen Brief von Saint-Saëns, in dem er fragte, ob mein Bruder Lust habe, sein Schwager zu werden", erinnerte sie sich später. Ob SIE, also Marie-Laure-Emilie, überhaupt Lust gehabt hat, verheiratet zu werden, danach fragte selbstverständlich niemand.

Rätselhafte Blitz-Hochzeit

Camille Saint-Säens jedenfalls nimmt dieses Fräulein in der französischen Provinz, im Standesamt von Le Cateau, zur Frau. Wie seine Mutter die Neuigkeit verdaut, ist nicht überliefert. Es findet sich auch keine Quelle, in der etwas über Saint-Saëns' Beweggründe für die Blitz-Heirat steht. Liebe auf den ersten Blick war es jedenfalls nicht - und auf den zweiten oder wenigstens dritten Blick auch nicht.

Traum von der eigenen Familie

Also bleibt nur, Mutmaßungen anzustellen. Und da scheint es am Wahrscheinlichsten, dass der Kindernarr Saint-Saëns unglaublich gerne eine eigene Familie gründen will. Und weil das nun einmal nicht mit der eigenen Mutter geht, braucht es eben eine gefügige Frau. Von Musik hat die Auserwählte kaum Ahnung, also kann Marie-Laure in diesem Punkt nicht in ein Konkurrenzverhältnis mit der Schwiegermutter treten. Und weil die frisch Vermählten sowieso zu Saint- Saëns Mutter in die Wohnung ziehen, behält Domina-Mama Saint-Saëns auch weiterhin die Kontrolle über den Sohn. Alles im Lot also.

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Requiem de Saint Saens | Bildquelle: Nicolas Lecluse (via YouTube)

Requiem de Saint Saens

Die Katastrophe

Tatsächlich kommt auch im Dezember desselben Jahres der erste Sohn zur Welt. Andre. Und zwei Jahre später bereits der Zweite: Jean-François. Saint-Saëns ist überglücklich, sein Traum hat sich erfüllt. Doch im dritten Jahr der Ehe zerplatzt der Traum innerhalb von nur sechs Wochen. Und es zerbricht auch etwas in Saint-Saëns' Seele. Beide Söhne sterben kurz hintereinander.

Am Ende ein Zettel

Saint-Saëns frisst den Schmerz in sich hinein. Die Ehe ist zerrüttet: Man geht sich aus dem Weg, spricht nur das Nötigste. Als Saint-Saëns wiederum drei Jahre später seine Frau bei einer Kur aufs Land begleitet, macht er sich mitten in der Nacht aus dem Staub. Er kehrt alleine in die Wohnung seiner Mutter zurück. Angeblich sehen sich die Eheleute nie wieder. Das letzte, was bleibt, ist der Zettel, den Marie-Laure-Emilie am Morgen auf dem Bett findet: "Ich bin weg".

WAS HEUTE GESCHAH

Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 8.30 Uhr und um 16.40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.

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