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Was heute geschah – 15. Oktober 1844 Friedrich Nietzsche wird geboren

Er wurde zum vielleicht einflussreichsten Philosophen des 19. Jahrhunderts. Über alles liebte er die Musik, denn "ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum", wie er selbst sagte. Richard Wagners Musik hat er erst geliebt, dann verachtet. Seine eigenen Kompositionen blieben epigonal.

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"Man darf vielleicht den ganzen Zarathustra unter die Musik rechnen." Gemeint hat Friedrich Nietzsche mit diesem Satz natürlich nicht die Symphonische Dichtung von Richard Strauss. Die entstand erst nach Nietzsches geistigem Zusammenbruch. Gemeint hat er sein eigenes Hauptwerk: "Also sprach Zarathustra, ein Buch für alle und keinen." Ein philosophischer Text, der unter die Musik zu rechnen ist? Tatsächlich kann man Nietzsches Philosophie als Versuch verstehen, mit der Sprache in Regionen vorzudringen, die sonst nur die Musik erreicht.

Durch Musik das Leben erleben

Richard Wagner, Karikatur | Bildquelle: picture-alliance/dpa Mit Richard Wagners Musik verband Friedrich Nietzsche eine Hassliebe. | Bildquelle: picture-alliance/dpa Nietzsche, der selbst komponiert hat und noch in den traurigen Jahren seiner psychischen Krankheit stundenlang am Klavier fantasierte, hat sich an Musik berauscht wie mit einer Droge. Zugleich war sie für ihn die intensivste Form, des Erlebens. 1877 schreibt er seine persönliche Rangliste der Dinge, die ihm Lust bereiten. Auf Platz eins: das musikalische Improvisieren. Platz zwei: Musik von Wagner. Erst auf Platz drei: die Sexualität. Dazu passt die Geschichte, dass der junge Nietzsche einmal von einem Fremdenführer gegen seinen Willen in ein Bordell gebracht wurde. Die leichtbekleideten Damen sehen ihn erwartungsvoll an. Und was tut Nietzsche? "Instinktmäßig ging ich auf ein Klavier als auf das einzig seelenhafte Wesen in der Gesellschaft los und schlug einige Akkorde an. Sie lösten meine Erstarrung und ich gewann das Freie."

Wagner – der Ruin der Musik?

Nietzsches eigene Kompositionen sind epigonal. Dem Professor für Altgriechisch fehlte das kompositorische Handwerk. Sein Freund Richard Wagner hat ihm das deutlich gesagt. Dessen Musik hat er zuerst über alles geliebt und später mit ebenso ätzender wie treffsicherer Kritik überschüttet. Erst feiert ihn Nietzsche als "größten Genius und größten Menschen dieser Zeit", später schreibt er, Wagner sei "der Ruin der Musik".

Nie an der Musik gezweifelt

Losgekommen von Wagner ist er nie. Die Komponisten nach Wagner haben Nietzsche geliebt: Von Richard Strauss und Gustav Mahler über Frederick Delius bis hin zu Wolfgang Rihm, dessen Nietzsche-Oper "Dionysos" 2010 bei den Salzburger Festspielen uraufgeführt wurde. An der Wahrheit hat Nietzsche gezweifelt. An der Musik nie: "Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum."

WAS HEUTE GESCHAH

Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 8.30 Uhr und um 16.40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.

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