Paris, 30. Oktober 1849. Die Musikwelt nimmt Abschied von Frédéric Chopin. Es ist ein strahlender Herbstmorgen. Aus allen Richtungen strömen schwarz gekleidete Menschen auf den Platz vor der Kirche La Madeleine. Die gesamte Fassade ist mit Bahnen aus schwarzem Samt drapiert. Darauf glitzern in Silberstickerei dutzendfach die Initialen des Komponisten in der Sonne.
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Die pompöse Trauerfeier ist ein Ereignis für die gesellschaftliche Elite und entspricht nicht gerade der Devise, die Chopin seinen Schülern zu predigen pflegte: "Die Krönung des Erreichbaren ist die Einfachheit". Für die Zeremonie in der Kirche sind schwarz geränderte Eintrittskarten vergeben worden. Viele Bekannte und Freunde des Komponisten gehen leer aus. Dafür ist unter den fast 4.000 Trauergästen das halbe hundert europäischer Gräfinnen, die – glaubt man dem Dichter Turgenjew – behaupteten, Chopin sei in den frühen Morgenstunden des 17. Oktober in ihren Armen gestorben. Er sei der romantischsten aller Krankheiten erlegen, der Schwindsucht.
Büste des Komponisten Frédéric Chopin, Valldemossa, Mallorca | Bildquelle: picture alliance/imageBROKER Chopins letzter Musikwunsch für das Begräbnis bringt die Organisatoren in die Bredouille: Mozarts Requiem. Dafür sind Sängerinnen notwendig. Frauen aber haben in der Madeleine noch nie singen dürfen. Endlich einigt man sich auf einen Kompromiss. Mozarts Requiem – aber die Damen singen für die Trauergäste unsichtbar, hinter einem schwarzen Vorhang. Seine letzte Ruhestätte findet Chopin, der französische Pole, im Friedhof Père Lachaise, unweit der Kollegen Bellini und Cherubini.
Sein Herz, so hat er verfügt, wird einbalsamiert und nach Warschau in die Heiligkreuzkirche gebracht. Am 1. Jahrestag seines Todes enthüllt man nach einer Gedächtnismesse an Chopins Grab eine trauernde Muse mit zerbrochener Lyra, die sich über das in Marmor gehauene Profil des Komponisten beugt. Vergeblich versucht der polnische Delegierte, eine Rede zu halten. Der Schmerz übermannt ihn nach wenigen Sätzen.
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