Teplitz, 17. Juli 1812. Beethoven schreibt an ein Kind – ein Mädchen, das er gar nicht kennt. Fünf Monate ist es her, da hat er überraschend ein Päckchen erhalten: darin eine hübsche, bestickte Brieftasche. Ein reizendes, wenn auch unpassendes Geschenk für Beethoven, den griesgrämigen Sonderling. Er dürfte wenig Sinn haben für derlei modischen Schnickschnack.
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Doch Beethoven ist gerührt. Emilie, so heißt die Absenderin, ist ein acht- bis zehnjähriges Mädchen aus einem Ort Namens H. – vielleicht Hamburg, genau wissen wir es nicht. Während seiner Sommerkur findet Beethoven endlich die Zeit, sich zu bedanken und schreibt einen Brief. "Deine Brieftasche wird aufgehoben unter andern Zeichen einer noch lange nicht verdienten Achtung von manchen Menschen."
Beethoven gibt sich bescheiden. Dabei ist er mit Anfang vierzig bereits ein angesehener Komponist. Emilie eine junge Klavierschülerin. "Fahre fort, übe nicht allein die Kunst, sondern dringe auch in ihr Inneres; sie verdient es, denn nur die Kunst und die Wissenschaft erhöhen den Menschen bis zur Gottheit", schreibt Beethoven. "Solltest Du, meine liebe Emilie, einmal etwas wünschen, so schreibe mir zuversichtlich. Der wahre Künstler hat keinen Stolz".
Auch Beethoven nicht? Was ist los mit ihm? Beethoven ist unsterblich verliebt – nicht in Emilie. In seine rätselhafte unsterbliche Geliebte. Erst vor wenigen Tagen hat er den berühmten Brief an sie verfasst. Beethoven ist im Gefühlsrausch. Vielleicht deshalb dieser vertrauliche Tonfall an das unbekannte Kind.
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Ludwig van Beethoven: Brief an die unsterbliche Geliebte
"Sollte ich einst nach H. kommen, so komme ich zu Dir, zu den Deinen; ich kenne keine andern Vorzüge des Menschen, als diejenigen, welche ihn zu bessern Menschen zählen machen." Forscher bezweifeln, dass der Brief an Emilie echt ist. Aber Gegenbeweise gibt es auch nicht. Emilies Brieftasche ist natürlich verschollen. Und besucht haben wird Beethoven das Mädchen vermutlich auch nie. Was bleibt, ist nur dieser eine Brief.
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