London, 17. September 1829. Elfengleich fliegt die Kutsche über das holprige Straßenpflaster. In dem offenen Gespann streicht der Wind Felix Mendelssohn Bartholdy um die Nase. Der genießt die letzten Tage in London – vor der Heimreise. Zur Hochzeit von Schwester Fanny will er unbedingt wieder in Berlin sein. Doch daraus wird nichts. Denn plötzlich stürzt das zweirädrige Gespann um. Mendelssohn wird auf das harte Straßenpflaster geschleudert und verletzt sich schwer am Knie.
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Wochenlang muss er liegen. Das Bein darf er weder krümmen noch belasten. An die Heimreise ist nicht zu denken. Traurig starrt Mendelssohn vom Bett aus auf Mantel und Reisemütze. Die Hochzeit der geliebten Schwester muss ohne ihn stattfinden. "Lebt und webt, heirathet Euch und seid glücklich", schreibt der Komponist in einem Brief vom 25. September des Jahres. "Zwar sitze ich seit gestern alle Tage ein wenig auf und kann daher besser schreiben, aber der Kopf ist mir noch gar so wüst von dem vielen im Bett liegen und von der langen Gedankenlosigkeit."
Wäre da nicht der Londoner Freund Karl Klingemann. Tag und Nacht leistet er Mendelssohn Gesellschaft. Und er ist nicht der einzige. "Wie freundlich sich die Engländer gegen mich nehmen, glaubt Ihr nicht", heißt es in dem Brief. "Da ich Bücher nicht brauchen kann und Fleisch nicht essen darf, so überhäufen sie mich mit Früchten, Süssigkeiten aller Art." Weintrauben und Torten, Erdbeeren und Seefisch, Rosinenpudding und sogar ein ganzer Fasan. Abgenommen hat Mendelssohn in der Zeit sicherlich nicht…
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Mendelssohn - A Midsummer Night's Dream: Overture (Abbado)
Anfang November geht es Mendelssohn besser. Er unternimmt sogar wieder eine erste Spazierfahrt. "Ich fühle, wie ich erquickt bin, und mir ist gesunder als je zu Muthe." Ende November begibt sich Mendelssohn auf die Heimreise. Anfang Dezember ist er wieder in Berlin – zwei Monate später als geplant. Dafür mit schönen Erinnerungen an seine Londoner Freunde: "Seid ihr mir doch alle gleich eng verbunden und danke ich doch euch allen die schöne, reiche Zeit, die ich drüben gelebt habe."
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