Venedig, 28. Januar 1713. Der Dichter Bartolomeo Dotti wird ermordet. Die Tat wird nie aufgeklärt. Zu denjenigen, die vielleicht ein Motiv gehabt haben könnten, gehört ausgerechnet der Komponist Alessandro Scarlatti. Dotti hatte in seinen bissigen Satiren gegen ihn ausgeteilt ...
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Es ist kalt. Eisiger Nebel liegt über den Kanälen. Irgendwo schlägt die Glocke einer Kirche die vierte Stunde. Vier Uhr morgens und es ist dunkel. Venedig schläft noch. Aus dem Gewirr der Gassen nähert sich eine Gestalt in einem langen Mantel und mit einer Laterne in der Hand. Ein Mann. Was hat er um diese Zeit zu tun? Mag sein, er kommt aus einer der vielen Tavernen, die in letzter Zeit eröffnet haben. Venedig ist zu einem Magneten geworden, für alle, die etwas sind und alle, die etwas werden wollen. Musiker und Schriftsteller und Künstler und Vergnügungssüchtige, alle kommen sie nach Venedig. Eine Gestalt löst sich aus den Schatten, folgt dem Mann, bis sie ihn eingeholt hat. Die Gestalt holt aus und stößt dem schweren Mann ein Messer in den Rücken. Dreimal. Dann ist der Mann tot. Der Satiriker und Schriftsteller Bartolomeo Dotti ist gestorben, ermordet von einem Unbekannten auf dem Weg nach Sant'Angelo auf der Calle della Madonna, am 28. Januar 1713.
Es hat also doch ein schlimmes Ende mit ihm genommen, mit dem Bartolomeo Dotti. Irgendwie kommt es ja nicht ganz überraschend. Es sind halt auch diese Kreise, in denen er sich aufgehalten hat. Adlig und kriminell. Einmal hilft Dotti einer adligen Familie dabei, Blutrache zu nehmen, ein anderes Mal ist er zufällig dabei, als auf den Grafen von Brescia ein beinahe tödliches Attentat verübt wird. Man hat ihn in Verdacht, beteiligt zu sein, irgendwie. Und Dotti wird verhaftet. So schlimm ist es aber dann auch wieder nicht. Die Haftbedingungen sind vergleichsweise angenehm – er darf sogar Spaziergänge in die Stadt unternehmen. Trotzdem: In Bartolomeo Dotti brennt der Hass. Der Hass auf alle, die ihn vermeintlich ungerecht behandelt haben. Und diesen Hass schreibt er sich von der Seele, in äußerst bissigen Satiren. Dotti teilt aus. Auch der Komponist Alessandro Scarlatti bekommt etwas ab, auch wenn er Dotti gar nicht persönlich angegriffen hat. Eine Zeit lang geht allerdings das Gerücht, Scarlatti hätte eine Sängerin, die mit Dotti eng verbunden war, nicht in seiner Oper auftreten lassen. Zugunsten der eigenen Schwester. Wer weiß ...?
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Alessandro Scarlatti - Cantate da camera
Tatsache ist, dass wenige Tage nach dem Mord an Dotti ein Zeitungsartikel erscheint. Eine Art Nachruf, verfasst von einem Unbekannten, in dem es heißt: "Du hast die Arien Scarlattis besudelt und den gerechten Lohn dafür empfangen."
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Sendung: "Allegro" am 28. Januar 2022 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK