Gut 40 Jahre nach der ursprünglichen "Tristan und Isolde"-Inszenierung durch Richard Wagners Witwe Cosima folgt 1927 eine szenische Neufassung der Oper auf dem Grünen Hügel von Sohn Siegfried. Seiner Aufgeschlossenheit gegenüber technischen Neuerungen ist es zu verdanken, dass es im selben Jahr auch zu den ersten Schallplattenaufnahmen im Festspielhaus kommt.
Bildquelle: Wikimedia Commons
"Ihr zwei Lieben! Noch nie, so lange Bayreuth steht, ist ein zweiter Akt Tristan in dieser weltentrückten Stimmung gesungen worden – ich danke Euch!" Siegfried Wagner soll sich so geäußert haben gegenüber Gunnar Graarud und Emmy Krüger, der Bayreuther Besetzung seiner "Tristan und Isolde"-Inszenierung von 1927. Die Lichtgestaltung dieser Produktion ließ aufhorchen: Bei der Entdeckung des Liebespaares durch König Marke, umgeben von Fackel- und Fahnenträgern, wechselte die Beleuchtung drastisch von Dunkelblau zu fahlem Gelb, nachdem der erste Aufzug den Weg von hellem Gelb über Orange zu schwerem Rot gegangen war. Die für die Inszenierung immer wieder gewählten, ungewöhnlich hellen Farben zogen Kritik auf sich. Angesichts des "Liebestodes" entschied sich Siegfried Wagner für tiefes Nachtblau am Ende des dritten Aufzugs.
Siegfried Wagner | Bildquelle: picture-alliance/Mary Evans Picture Library Überhaupt war der Komponistensohn bei Fragen des Lichts und der Farbgebung in seinem eigentlichen Element. Er galt allgemein als vorsichtiger Regisseur, war kein innovativer Neugestalter. Kurt Söhnlein hatte das weitgehend entrümpelte, bis 1931 genau sechzehn Mal gezeigte "Tristan"-Bühnenbild entworfen, Daniela Thode die relativ schlicht gehaltenen Kostüme. Übrigens war "Tristan" damals nicht mehr als eine Notlösung: Wegen der angespannten Finanzlage erschien den Verantwortlichen der ursprünglich geplante und wesentlich aufwändigere "Tannhäuser" nicht realisierbar.
Dass die Festspiele am 19. Juli 1927 mit "Tristan und Isolde" unter der Leitung des Dirigenten Karl Elmendorff eröffnet wurden, ist das eine. Zum anderen aber gaben sich im "mystischen Abgrund" – wie Richard Wagner den verdeckten Orchestergraben nannte – Franz von Hoesslin, Karl Muck und Siegfried Wagner gegenseitig den Dirigententaktstock weiter.
Letzterer war stets an technischen Neuheiten interessiert, so dass es im selben Sommer erstmals auf dem Grünen Hügel auch zu Schallplattenaufnahmen kam. Für die Firma Columbia, die den Konkurrenzkampf mit der Rivalin "His Master’s Voice" gewonnen hatte, bannte man diverse Höhepunkte der Bayreuther Festspiele auf Schellack: insbesondere Vor- und Zwischenspiele für Orchester aus dem "Ring des Nibelungen" sowie "Parsifal".
YouTube-Vorschau - es werden keine Daten von YouTube geladen.
Walkürenritt Bayreuth 1927 in Bayreuth 2012
Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 8.30 Uhr und um 16.40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.