Achtzehn Mal rief man den Komponisten nach der Uraufführung auf die Bühne, um ihn für sein Meisterwerk zu bejubeln. Zuvor hatte es heftigen Widerstand seitens der Theaterdirektion gegeben. Doch am 8. Februar 1874 hob sich der Vorhang über einer völlig neuartigen Oper.
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Boris Godunow war um 1600 russischer Zar - eine von Schuldbewusstsein und Gewissensnöten geplagte historische Person. Um diese Gestalt musikalisch zu profilieren, wagte sich Modest Mussorgskij in Bereiche naturalistischen Ausdrucks vor, die bis dato kaum einmal berührt wurden in der Musik. Abseits akademischer Ideale wollte der Komponist zu konsequentem Realismus vordringen.
Modest Mussorgskij | Bildquelle: picture-alliance/dpa Dass die Oper "Boris Godunow" überhaupt zur Uraufführung gekommen war, hatten alle einer Sängerin zu verdanken, die mit erpresserischen Methoden vertraut war: Julia Platónowa wollte den Geniewurf des Komponisten und nichts anderes für ihre Benefizveranstaltung, schließlich sang sie selbst die wichtigste Frauenpartie: Marina. Dekorationen, Kostüme und Requisiten kannte man bereits von einem auf historischen Grundlagen basierenden Theaterstück Alexander Puschkins, das wegen seines Sujets lange Zeit verboten war; die Vertonung Mussorgskijs ging also am Mariinskij-Theater in einem seit Jahren bekannten Erscheinungsbild in Szene.
Für das Libretto der Oper hatte der Komponist Originalzitate aus dem Drama verwendet, einiges auch textlich umgestaltet, mit umgangssprachlichen Redewendungen angereichert. Ungeachtet dessen, dass man sich als Interpret heute mit verschiedenen Fassungen, teilweise auch Bearbeitungen von fremder Hand auseinandersetzen muss, gilt "Boris Godunow" unbestritten als eine der bedeutendsten Opern Russlands.
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