Am Nürnberger Staatstheater gehört die Regisseurin und Choreographin Laura Scozzi zu den Publikumslieblingen. Die gebürtige Mailänderin ist bekannt für ihre witzigen Inszenierungen, in denen sie mit ironischem Blick die Handlung der Stücke gesellschaftskritisch unter die Lupe nimmt. Am 21. Januar feiert Scozzis neueste Inszenierung Premiere: Gioachino Rossinis "Italienerin in Algier". Für die Männer im Publikum gibt's viel zu schauen - doch auf der Bühne siegt am Ende die Frauenpower.
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"Ich gebe zu, dreimal in meinem Leben geweint zu haben", soll Gioacchino Rossini einmal gesagt haben, "als bei einem Bootspicknick ein getrüffelter Truthahn über Bord fiel, als ich Paganini die Violine spielen hörte und als meine erste Oper durchfiel." Freudentränen wären auch nach dem triumphalen Erfolg seiner "Italienerin in Algier" im Jahr 1813 angebracht gewesen: Mit nur 21 Jahren hatte er damit der ganzen Welt eine glänzende Visitenkarte von sich als Meister der Opera buffa vorgelegt.
Musikalisch ist seine "Italienerin" von der damaligen Mode der sogenannten Türkenopern wie Mozarts "Entführung aus dem Serail" inspiriert und steckt voller Situationskomik. Dabei sind die Grundharmonien nicht besonders kompliziert, dafür aber meisterhaft miteinander kombiniert, findet Guido Johannes Rumstadt, erster Kapellmeister des Nürnberger Staatstheaters, der die Oper dirigiert: "Die Sache ist zwar mit sehr einfachen Zutaten gekocht, aber Rossini hat so geniale Melodien dazu gefunden, dass die immer gleichen Mittel sich nicht abnutzen." Den Belcanto-Experten Rumstadt reizen dabei nicht nur die hochanspruchsvollen Arien, sondern auch Rossinis Lust an oftmals wahnsinnig temporeichen Textpassagen wie im ersten Finale: "Das geht dann wirklich ganze Takte lang, und der Text wirkt fast ein bisschen dadaistisch."
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Mit ihrer Inszenierung wagt Laura Scozzi einen Blick in die Zukunft, in der Europa längst kein Anziehungspunkt mehr für Flüchtlinge ist. Die wirtschaftliche Lage ist so schlecht, dass die Europäer ihre Heimat verlassen, um in Nordafrika neu anzufangen. Doch das ist nicht das Hauptthema der Inszenierung: Laura Scozzi geht es vor allem darum, mit viel Humor und einer liebevollen Sicht auf beide Geschlechter die Beziehung zwischen Mann und Frau aufs Korn zu nehmen.
In der Figurenzeichnung des männlichen Hauptcharakters blitzt gesellschaftskritischer Zündstoff auf: Mustafa, der Bey von Algier, der Frauen vollständig zum Objekt seiner Begierde degradiert, kommt als großspuriger, nicht besonders intelligenter Staatsmann daher. "Mustafa verkörpert für mich die Sorte Mann vom Schlag eines Berlusconi, Gaddafi oder auch Trump", sagt Scozzi. "Er kann alles kaufen, selbst Frauen, aber er interessiert sich eigentlich für nichts richtig, denn er beseitzt ja bereits alles."
Paroli bietet diesem ungehobelten Klotz die verführerische Italienerin Isabella, die sich nach Algier aufgemacht hat, um ihren Geliebten Lindoro wieder zu finden. Verkörpert wird sie von der österreichischen Mezzosopranistin Ida Aldrian: "Sie ist schon sehr selbstbewusst und macht mit den Männern, was sie will", beschreibt die Sängerin ihre Rolle. Aber in gewisser Weise kämpfe sie auch für die Liebe - "sie ist halt besonders resolut!"
Gemeinsam mit Lindoro legt Isabella Mustafa am Ende herein. Bis dahin ist auf der Bühne allerhand nackte Haut geboten: Zum Beispiel in wilden Bunga-Bunga-Szenen, bei denen Berlusconi selbst Regie geführt haben könnte. Doch bei Laura Scozzi kommen beide Geschlechter auf ihre Kosten: "Ich glaube, Männer haben ganz viel zu sehen - und die Frauen gehen aber auch sehr befriedigt aus diesem Abend, weil sie am Ende einfach die Stärkeren sind."
Staatstheater Nürnberg, Opernhaus
Samstag, 21.01.2017, 19.30 Uhr (Premiere)
Weitere Vorstellungen:
Dienstag, 24. Januar 2017, 19.30 Uhr
Samstag, 28. Januar 2017, 19.30 Uhr
Mittwoch, 01. Februar 2017, 19.30 Uhr
Sonntag, 05. Februar 2017, 19.00 Uhr
Sonntag, 12. Februar 2017, 19.00 Uhr
Sonntag, 26. Februar 2017, 15.30 Uhr
Dienstag, 28. März 2017, 19.30 Uhr
Samstag, 01. April 2017, 19.30 Uhr
Samstag, 15. April 2017, 19.30 Uhr
Montag, 17. April 2017, 19.00 Uhr
Montag, 23. April 2017, 19.00 Uhr