Dieses Jahr werden die Osterfestspiele Salzburg 50 Jahre alt, zum Jubiläum kommt Wagners "Walküre" auf die Bühne - im Geiste des Festivals-Gründers Herbert von Karajan. Am Samstag feierte die Produktion Premiere.
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Wagners "Walküre" bei den Osterfestspielen Salzburg
Da steht er also raumgreifend auf der Breitwandbühne des Großen Festspielhauses: der Mammutbaum von Günther Schneider-Siemssen, wie er schon 1967 die Salzburger "Walküre" im ersten Aufzug beherrscht hat. Im Wurzel-Hohlraum der Weltesche liegt Hundings Hütte, in die sich Siegmund in Gestalt von Peter Seiffert aus dem Publikum heraus geflüchtet hat. Immer noch von heldischer Strahlkraft in der Höhe, enttäuscht der gestandene Wagner-Sänger in tieferen Registern. Dennoch entscheidet sich die jugendfrische Sieglinde der Anja Harteros für ihn - verständlich, wird sie doch von ihrem Ehemann Hunding brutal gezüchtigt. Der schmächtige Georg Zeppenfeld fasziniert in dieser Rolle einmal mehr mit seinem profunden Bass.
Szenenbild aus "Die Walküre" bei den Osterfestspielen Salzburg 2017 | Bildquelle: © OFS/Forster
Vera Nemirova inszeniert diese Dreiecksgeschichte als psychologisch ausgefeiltes Kammerspiel nah am Text. Ihre Personenführung ist auch bei den Göttern zutiefst menschlich. Siegmund dreht sich schon mal eine Zigarette, und Brünnhilde hoppelt auf einem Steckenpferd über die Weltenscheibe, wie man sie in der Nachkriegszeit öfter auf Wagner-Bühnen fand. Dahinter ein Rundhorizont, auf den dynamische Pinselstriche projiziert werden. Das war es dann auch schon mit den historischen Bühnen-Versatzstücken, die Jens Kilian rekonstruiert hat. Die Sänger hat er zeitlos modern eingekleidet. Insgesamt ein wenig spektakuläres Setting, das immerhin zeigt: Abstraktion war schon immer ein probates Mittel, um Wagner beizukommen.
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Beim "Walküren-Ritt" stehen die acht Wotanstöchter statuarisch an der Rampe, während die todgeweihten Recken um ihr Leben rennen. In diesem Hit lässt es Christian Thielemann nun gerade nicht krachen, was für seine hochdifferenzierte, sehnige und jedem Detail sensibel nachspürende Wagner-Interpretation spricht. Wann hätte man je ein so berückendes Piano bei Wagner gehört! Thielemann denkt immer nach vorne und gestaltet die vier "Walküre"-Stunden mit nie nachlassender Spannung. Die dunkel glühende Dresdner Staatskapelle folgt ihm flexibel - das Traditionsorchester hat Thielemann zu einem exzellenten Wagner-Klangkörper geformt. Die Bläser gestalten wunderbare kammermusikalische Momente. Eine Sternstunde, an der das famose Ensemble gewichtigen Anteil hat.
Vitalij Kowaljow (Wotan) und Anja Kampe (Brünnhilde), Szenenbild aus "Die Walküre" bei den Osterfestspielen Salzburg 2017 | Bildquelle: © OFS/Forster
Mag die Partie der Fricka für die lodernde Christa Mayer auch einen Tick zu hoch liegen, so imponiert der ukrainische Bass Vitalij Kowaljow durch großen Stimmumfang, sonores Timbre und packende Deklamation. Kowaljow macht die Tragödie Wotans zwischen Hybris und Ohnmacht jederzeit glaubhaft - eine enorme Leistung. Die überzeugendsten Charakterporträts aber gelingen den beiden szenischen Rollendebütantinnen. Anja Kampe wächst als "Walküren"-Brünnhilde mit überragender Stimmkultur, Präsenz und Intensität an diesem denkwürdigen Abend über sich hinaus. Und Anja Harteros bezaubert als Sieglinde mit weit ausgesungenen Linien und herzbewegenden Tönen. Historisch oder nicht - wenn die Musik derart nachhaltig wirkt, tritt jede Inszenierung in den Hintergrund.
Richard Wagner: Die Walküre
Re-Kreation: Neuinszenierung im rekonstruierten Bühnenbild der ersten Opernproduktion der Osterfestspiele Salzburg von 1967
Salzburg, Großes Festspielhaus
Samstag, 8. April 2017, 17.00 Uhr
Montag, 17. April 2017, 17.00 Uhr
Die Aufführung vom 8. April wird am Samstag, 15. April, ab 20.00 Uhr auf 3sat im TV gesendet.
Sendungsthema aus "Allegro" am 10. April 2017, ab 6.05 Uhr auf BR-KLASSIK