Salzburger Festspiele
19. Juli bis 31. August 2024
Opern von Mozart, Gounod und Strauss, Uraufführungen von Adès und Cerha, Konzertprojekte mit Puppen, ein Porträt des Komponisten Peter Eötvös - an Vielfältigkeit mangelte es den diesjährigen Salzburger Sommerfestspielen keineswegs. Doch nicht alles, was geboten wurde, konnte gleichermaßen überzeugen, findet BR-KLASSIK-Autor Jörn Florian Fuchs.
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Eine Zwischenbilanz
Salzburger Festspiele 2016
Groß war dieser Salzburger Festspielsommer wahrlich nicht. Das lag hauptsächlich an der Kernsparte des Festivals, dem matten Opernangebot. Mit Thomas Adès' ziemlich belangloser Uraufführung "The Exterminating Angel" gab es einen künstlich-verzopften Premierenauftakt, Richard Straussens späte "Liebe der Danae" hingegen überzeugte musikalisch, weil Franz Welser-Möst am Pult der Wiener Philharmoniker den zum Teil grenzwertigen Zuckerguss der Partitur durch klug eingesetzte "Grobheiten" konterkarierte. Krassimira Stoyanova war die überragende Titelheldin. Der im Schauspiel oft so feinfühlig und genau arbeitende lettische Regisseur Alvis Hermanis erwies sich leider als glatte Fehlbesetzung: Er tauchte alles in einen (Alp)Traum aus Gold und Glitzerstoff.
Proben für Gounods "Faust" in Salzburg 2016 | Bildquelle: Salzburger Festspiele / Monika Rittershaus Auch Charles Gounods "Faust" enttäuschte. Reinhard von der Thannen, langjähriger Ausstatter von Hans Neuenfels, lieferte lediglich kaltes, schmuckloses Design, in dem die Figuren sehr verloren wirkten. Alejo Pérez' Dirigat war zu konturlos, die Wiener Philharmoniker leisteten sich zudem etliche Patzer. Sven-Eric Bechtolfs erstmals komplett gezeigte Mozart/Da Ponte-Trilogie und die Wiederaufnahme der "West Side Story" mit Cecilia Bartoli (die als Doppelgängerin der blutjungen Maria zwar toll sang, aber auf der Bühne wie ein Fremdkörper wirkte) komplettierten das szenische Angebot.
Punkten konnte heuer erneut Konzertchef Florian Wiegand. Das Programm war zwar nicht durchgehend innovativ, aber es gab etliche Leuchttürme. András Schiff etwa erarbeitete mit dem Salzburger Marionettentheater ein ziemlich verrücktes Projekt. Zu Musik von Schumann und Debussy tanzten die Puppen, schauten dem Pianisten auch mal auf die Tasten oder lieferten sich amüsante Kämpfe. Friedrich Cerha (gerade 90 geworden) feierte man mit einer starken Uraufführung: "Eine blassblaue Vision" bezauberte durch feine Orchesterfarben und prägnante Effekte, schön gespielt vom RSO Wien unter Cornelius Meister.
Anna Prohaska | Bildquelle: picture-alliance/dpa
Ein weiterer Glanzpunkt: Anna Prohaska - sie konzertierte mit der Geigerin Veronika Eberle und Freunden. Zwei "Salve Regina"-Kompositionen von Franz Schubert (D 676) und Giovanni Battista Pergolesi korrespondierten perfekt. Zwischengeschaltet wurde Anton Weberns Trauer-Miniatur "Schmerz immer Blick nach oben". Nach der Pause gab es eine brillante Interpretation von Schuberts fast abendfüllendem, regelrecht symphonischen Oktett.
Dem Ungarn Péter Eötvös war ein kleiner Schwerpunkt gewidmet; sein weltliches "Oratorium balbulum" geriet zum Höhepunkt. Neben Kammermusik gab es auch ein Gesprächskonzert, in dem Eötvös erläuterte, wie er im Streichquartett "Korrespondenz" Briefe von Wolfgang Amadeus und Leopold Mozart vertonte. Wolfgang ist die Bratsche, Leopold das Cello, dazwischen 'vermitteln' - oft irrlichternd - die Geigen. Ein tolles Stück!