Salzburger Festspiele
19. Juli bis 31. August 2024
Mozart-Repertoire gehört für die Salzburger Festspiele zum Selbstverständnis. Das heißt aber nicht, dass Neuinszenierungen automatisch gefeiert werden. Als Salzburgs damaliger Schauspielchef Sven-Eric Bechtolf 2014 den "Don Giovanni" inszenierte, gab es heftige Buhs. Jetzt wurde die Produktion wieder aufgenommen. Unter der musikalischen Leitung von Alain Altinoglu.
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Bildquelle: Salzburger Festspiele / Ruth Walz
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Bildquelle: Salzburger Festspiele / Ruth Walz
Am Ende der Inzenierung steht der in die Hölle gefahrene Don Giovanni wieder auf, stülpt sich sein enganliegendes Teufelskäppchen über den Kopf und kommt erneut in Fahrt. Streunt munter durch das Standbild. In dem alle anderen stocksteif dastehen, Donna Elvira, Donna Anna, Leporello, bedenkt diese mit so etwas wie einem spaßigen Segen. Und jagt dem nächsten Rock hinterher. Was soll uns das sagen? Don Giovanni, der Mythos, lebt weiter? Oder: Don Giovanni ist recht nicht zu fassen? Jedenfalls nicht für den Regisseur Sven Eric Bechtolf.
Der beschwört in seinem einleitenden Programmheft-Text über 20 lange Zeilen hinweg unsere übersexualisierte Gesellschaft, um dann zu kapitulieren: Unter solchen Bedingungen sei Don Giovanni noch schwerer zu verstehen und zu inszenieren als je zuvor. So lässt er ihn am Ende davonkommen, quietschvital. Und untergräbt damit die Geschichte: Nicht mal der Komtur, der aus dem Totenreich kommt, um Don Giovanni zur Rechenschaft zu ziehen, kann sich durchsetzten.
Man kann an der schicken, modernen Inszenierung, die in einer Hotellobby vonstatten geht, bemänglen, dass sie nicht aus der Musik heraus entwickelt wirkt. Donna Elvira etwa, machtvoll und empfindend, dramatisch und eindrücklich von der Sopranistin Layla Claire gesungen, schüttet sich zu Beginn viel Alkohol an der Bar ein. Aber es ist insbesondere ihre Glaubwürdigkeit, die die Handlung vorantreibt und zu Don Giovannis Ende führt. Steht so zumindest bei Mozart.
Bedauern ließe sich auch, dass das Hotelambiente nicht zu kreativ-vitalen Bühnenszenen führt, sondern die Sänger oft auf einer Sitzgelegenheit vorne an der Rampe Platz nehmen. Das wirkt auf Dauer eintönig. Dabei sprüht Don Giovanni doch unermüdlich vor Virilität. Ildebrando D’Arcanglo verkörpert dieses Unersättliche stimmlich hinreißend. Weil er dem unerbittlich Nimmersatten etwas andere beigesellen kann: entzückenden Schmelz beim Frauen-Verführen.
Absolut überzeugender Fürsprecher dieser Wiederaufname ist der Dirigent Alain Altinoglu. Seine Hände schweben zart und beredt über dem Orchester. Er ist ein feiner Gestalter der Musik; lässt sich Zeit, die Tempi auszukosten; nimmt die Struktur von den gesungenen Bögen her. Die Sänger, die Altinoglu bei den Rezitativen vom Cembalo aus begleitet, dürften sich getragen fühlen von diesem Sängerdirigenten. Bei ihren Seelenerkundungen, die man Arien nennt. So verschafft die Musik wunderbare Momente, und Nähe zu den Figuren. Denn an die Idee, was den Archetyp des Don Giovanni ausmachen könnte, kommt man hier ansonsten nicht ran.