BR-KLASSIK

Ein golden-glitzernder Riesenstern schmückt die Bühne unseres Klassik-Underground-Wohnzimmers, die Münchner Milla. Mitt-Vierzig- bis Fünfziger mit Hipster-Brille und lässigen Outfits bevölkern den schlauchigen Raum, ich komme mir fast ein bisschen jung vor. Hat auch der Pop ein Nachwuchs-Problem beim Publikum? Wurscht, ist ja ausverkauft.

Nach der One-Man-Vorband Eric Pfeil, die ich so durchstehe, kommen endlich sie: Erdmöbel. Seit einigen Jahren beglücken die Kölner ihre Fans alljährlich mit einem neuen Weihnachtssong, seit letztem Jahr gibt es alle auf dem Album "Geschenk". Eingängige Ohrwurm-Songs mit den assoziativ-poetischen Texten von Sänger Markus Berges, immer wieder mit Gaststars im Duett.

Erdmöbel haben sich heute mit goldenen Accessoires ausgestattet und drohen gleich zu Beginn: Jetzt ist Mitsing-Terror angesagt! Die versammelte Gemeinde reagiert erstmal zurückhaltend, aber spätestens, als beim Song "Ding Ding Dong (Jesus weint schon)" die sechsköpfige Band mit ihren Instrumenten polonaisig durch die Milla zieht, sind die Dämme gebrochen. Die Weihnachts-Melodien von Erdmöbel sind aber auch zu gut, um nicht miteinzustimmen!

Am Anfang des Konzertes bilde ich mir ein, dass sich Erdmöbel beim ersten Gig ihrer diesjährigen Weihnachtstour noch als Band eingrooven müssen. Aber der Sound ist natürlich gut und fein abgestimmt, für jeden Song gibt's ne andere Gitarre oder einen anderen Bass, eine adventliche Materialschlacht. Den typischen Erdmöbel-Sound machen aber Flötistin Christa Becker und Posaunist Henning Nierstenhöfer, da wird einem weihnachtlich warm ums Herz! Und wenn dann noch Schlagzeuger Chris Dewueb für die Duette mangels Sängerin einen zarten Pop-Altus gibt und Bassist Ekki Maas seinem Instrument zart tanzende Melodielinien entlockt, dann ist's um mich geschehen.

Nach zwei Stunden und vier Nicht-Weihnachtszugaben (inkl. "In den Schuhen von Audrey Hepburn", lautstark von der Menge gefordert) entschwinden die Erdmöbel gemeinschaftlich rückwärts (!) über die Milla-Showtreppe. Dabei darf es doch eigentlich gar nicht enden – Nonstop Christmas bitte!