SWEET SPOT.
Neugierig auf Musik
Scheinbar mühelos schraubt Franco Fagioli seine Stimme in schwindelerregende Höhen. Beeindruckende Beweglichkeit, die Vielfalt des Tons und in der unglaubliche Stimmumfang von über drei Oktaven: Auf seinem neuen Album "Veni, Vidi, Vinci" kommt seine Gesangskunst perfekt zur Geltung – mit viel Drama, Liebesverwirrungen und wunderschönen Liebesarien.
Bildquelle: Igor Studio / Deutsche Grammophon
Sie strahlen den Reiz des Extremen und Fremdartigen aus – die Sänger, die wie Sängerinnen in hohen und höchsten Lagen singen. Countertenöre, also Männer, die ihre hohe Kopfstimme benutzen, gab es über viele Jahrhunderte hinweg – bis sie im 17. Jahrhundert von den Kastraten verdrängt wurden. Die grausamen Verstümmelungspraktiken sind zum Glück schon seit langer Zeit Geschichte. Und die männliche Stimme, sie es mittels Technik in die schwindelerregenden Höhen schafft, erlebt in den letzten zwanzig Jahren ein wahres Comeback. Die Countertenöre sind die neuen Popstars am Klassik-Himmel. Einer von ihnen ist Franco Fagioli.
Männlicher Sänger, der unter Anwendung einer speziellen Gesangstechnik in Alt- oder Sopranlage singt.
Franco Fagiolis Anfänge als Countertenor waren eher unkonventionell. Aufgewachsen in der argentinischen Provinz, sang Franco schon früh gerne hohe Töne – auch über den Stimmbruch hinaus. Doch was ein Countertenor überhaupt ist, das erfuhr er erst viel später. Seine Ausbildung hat Franco Fagioli am Opernstudio des berühmten Teatro Colon in Buenos Aires absolviert, als erster Countertenor in der Geschichte des Hauses. Dort, an diesem stark von der italienischen Tradition beeinflussten Theater, sang er viel Rossini und Donizetti.
Auch wenn ich in erster Linie klassische Musik singe, verstehe ich die Musik als ein großes Ganzes.
"Als ich nach Europa kam, waren die Leute hier sehr überrascht, dass ich als Countertenor nicht bloß Barock-Repertoire singe", erzählt Franco Fagioli. "Für mich war und ist es ganz normal." Erstmals international von sich reden machte er 2003, als er den Gesangswettbewerb Neue Stimmen in Gütersloh gewann. 2005 erschien er dann in Zürich mit spektakulärem Erfolg in der Titelrolle von Händels Oper "Giulio Cesare". Heute gilt Franco Fagioli als einer der besten Händel-Sänger überhaupt. Aber nicht nur das. Mühelos wechselt er zwischen Barockoper und der frühen Belcanto-Tradition: Nicola Porpora und Johann Adolph Hasse, Gluck und Mozart, Meyerbeer und Rossini gehören zu seinem Repertoire. Seine aktuelle CD hat Franco Fagioli dem neapolitanischen Barockkomponisten Leonardo Vinci gewidmet, dessen Musik den Sänger seit der Studienzeit begleitet.
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Vinci: L‘Ernelinda - "Sull'ali del suo amor"
Wenn man im echten Leben so reagieren würde wie in einer Oper, würde alles sicher in einer Katastrophe enden.
Leonardo Vinci war um 1730 in Italien einer der berühmtesten Opernkomponisten. Sein Leben, und vor allem sein Tod, bieten selbst genug Stoff für ein ordentliches Operndrama: Mit 40 Jahren stirbt Vinci in Neapel auf dem Höhepunkt seiner Karriere – wegen einer Liebesaffäre von einem eifersüchtigen Ehemann vergiftet. Mit der Liebe und ihren Schwierigkeiten hat er sich also ausgekannt – und sie in vielen seiner Opern thematisiert. Die Texte dazu stammen von führenden Librettisten der Zeit, allen voran Pietro Metastasio. "Vinci hat es genial verstanden, das Gefühl der Liebe, über die Metastasio meisterhaft geschrieben hat, in seine Musik zu übersetzen", sagt Franco Fagioli. "Er hat herrliche Melodien erfunden. Vor allem in den Liebesarien."
Ich bin ihm sehr dankbar, mir hat seine Musik sehr viel gegeben.
Am 8. Juni 2020 um 21:05 Uhr ist Franco Fagioli im Radio bei SWEET SPOT zu Gast – zugeschaltet aus Madrid. Er stellt sein neues Album "Veni, Vidi, Vinci" mit den Werken des Komponisten Leonardo Vinci vor.
Es moderieren Annekatrin Hentschel und Clemens Nicol.
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