BR-KLASSIK

Elliott Carter war ein Unikum: Der Mann wurde 103 Jahre alt, komponierte bis zum letzten Atemzug und hinterließ ein Spätwerk, das an Lebendigkeit, Temperament und Witz seinesgleichen sucht.

Wer von Alterswerken tiefen Ernst, Versenkung in die letzten Dinge des Lebens und vorwiegend langsame Tempi erwartet, wird (angenehm) enttäuscht werden. Altersweisheit findet sich wohl in dieser Musik, im Sinne von Konzentration auf das Wesentliche, kaum jedoch so etwas wie Altersmilde. Der Amerikaner Carter schrieb als alter Mann mit erstaunlicher Leichtigkeit. Seiner Technik vollends sicher, brauchte er sich und Anderen nichts mehr zu beweisen, und das, was er zu sagen hatte, konnte er auf kleinem Raum formulieren. Ein Element, das in früheren Carter-Stücken eher selten auftauchte, findet sich nun verstärkt: Humor, augenzwinkernd und koboldhaft.

Carter hatte bereits zu Lebzeiten das Glück, dass sich namhafte Interpreten seiner Musik immer wieder ausführlich widmeten, und zwei davon bilden die Hauptprotagonisten der CD: der Pianist Pierre-Laurent Aimard und der Dirigent und Komponist Oliver Knussen. Beide sind in der Vergangenheit mit herausragenden Einspielungen von Carters Musik hervorgetreten, und sie garantieren auch der vorliegenden Einspielung einen vollen Erfolg. In der Realisation sämtlicher Elemente von Carters Spätstil bleiben keinerlei Wünsche offen, ebenso wenig in der Qualität der Ensembles bzw. Orchester. Der Klang erfüllt durchgehend höchste Ansprüche an Transparenz, Räumlichkeit und Wärme.

Eine CD, die rundum Spaß macht, auch zeigt, dass Schönheit und Atonalität sich nicht ausschließen und nicht zuetzt den Jugendwahn ad absurdum führt - jugendlicher als der 100-jährige Carter kann man wohl kaum komponieren!