Fantasievoll und präzise gezirkelt: Der schwer angesagte belgische Choreograph Sidi Larbi Cherkaoui, flämisch-marokkanischer Abstammung, macht im Münchner Prinzregententheater aus der Weltreise mit wechselnden exotischen Ambientes (die Monsieur Rameau für "Les Indes galantes" fordert) ein Laborexperiment mit Kulturenclash, ohne die Flüchtlingsthematik auszuklammern.
Bildquelle: Bel Air
Während die Bayerische Staatsoper in den 90er Jahren eine Barockopern-Renaissance erlebte, dominierten Händel und Monteverdi: Das französische Pendant jedoch blieb ausgespart! Überfällig war in München also mal Rameau. Und spektakulärer hätte die exquisite Festspielproduktion kaum ausfallen können: Auch auf DVD begeistert das von der fabelhaften Sopranistin Anna Prohaska angeführte, spielfreudige Sängerensemble, mit überragenden Nachwuchstalenten wie Tareq Nazmi und Mathias Vidal. Das aus Alte-Musik-Experten eigens zusammengestellte „Münchner Festspielorchester“ brilliert unter der Leitung des britischen Dirigenten Ivor Bolton, der sich als zigfach erprobter Barock-Tanzbär auch auf ungewohnt französischem Terrain bewährt. Nicht nur beim populären Ohrwurm „Danses des sauvages“! Die Bühnenbilder von Kult-Ausstatterin Anna Viebrock zwingen Schauplätze wie Schule, Museum und Kirche ineinander. Mit surrealem Einschlag entfaltet sich die atemberaubende Regiearbeit von Sidi Larbi Cherkaoui - in vier Variationen. Auch hundertachtzig Minuten können wie im Flug vergehen.
Jean-Philippe Rameau:
"Les Indes galantes"
Opéra-ballet in in einem Prolog und vier Aufzügen
Eine Produktion der Münchner Opernfestspiele 2016
Mit Mathias Vidal, Ana Quintans, Anna Prohaska, Lisette Oropesa, Tareq Nazmi und andere
Balthasar-Neumann-Chor Freiburg
Münchner Festspielorchester
Dirigent: Ivar Bolton
Regie: Sidi Larbi Cherkaoui
Label: Bel Air