Masaaki Suzuki gründete 1990 in Kobe das Bach Collegium Japan, das sich ganz der historischen Aufführungspraxis verpflichtet fühlt. Er war Feuer und Flamme für die für Bachs Musik und veröffentlichte auf 55 CDs sämtliche Kirchenkantaten. Heute gelten sie als herausragende Referenzaufnahmen. Allerdings hatte Suzuki anfangs mit Vorurteilen zu kämpfen: Können Japaner Bach überhaupt verstehen und aufführen?
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Kobe, Japan, Mitte der 90er Jahre: Ein schweres Erdbeben hat große Teile der Hafenstadt zerstört. Es gab keine Straßen mehr und auch die Brücken waren alle eingestürzt. Damals reist Robert von Bahr, der Chef des schwedischen Plattenlabels BIS, nach Kobe, um sich das Bach Collegium Japan anzuhören. Das damals noch unbekannte Ensemble hatte ihm einen Brief geschrieben. Darin kündigte das BCJ an, sämtliche Kantaten von Bach aufnehmen zu wollen. Das sind immerhin 200 große geistliche Werke mit Solisten, Chor und Orchester. Und zudem sollte alles auch noch alles historisch informiert aufgeführt werden.
Man hat mir oft gesagt, ich wäre ein bisschen 'crazy', weil ich solche Ideen habe.
Johann Sebastian Bach (1685-1750) | Bildquelle: picture-alliance/dpa Ensembleleiter Masaaki Suzuki gesteht: Es war ein aberwitziger Plan. Doch die Bachkantaten hatten ihn längst gepackt: "Die Musik selber klingt so interessant", schwärmt Suzuki. "Jede Nummer von den Kantaten ist so anders." Studiert hat Masaaki Suzuki in Tokio und in Amsterdam. Die Niederlande waren in den 80er Jahren ein Zentrum der historischen Aufführungspraxis. Suzuki ist Mitglied der reformierten Kirche Japans und bekennender Christ. Vor diesem Hintergrund seien er und Bach "Glaubensgenossen", schrieb er im Booklet der ersten Kantaten-CD. Und so fühlte sich Suzuki im calvinistischen Holland besonders wohl: "Ich denke, der theologischer Hintergrund und der musikalische kamen wirklich gut zusammen. Ich war sehr glücklich."
Zurück in Japan gründete Suzuki 1990 das Bach Collegium Japan. Schon vier Jahre später fasste er den Plan, sämtliche Bach-Kantaten einzuspielen. Doch in Europa waren die Vorurteile groß, weiß Labelchef Robert von Bahr.
Ich habe immer mit denselben Vorurteilen arbeiten müssen: Japaner können kopieren. Aber die können nichts von selber.
Masaaki Suzuki gibt zu, dass gerade die Aussprache der deutschen Texte immer ein sehr großes Problem war. Deswegen hatte das Bach Collegium Japan immer deutsche Trainer. Auch die Produzenten für die Aufnahmen waren immer Deutsche gewesen. Neben der Aussprache war die andere, vordergründig viel größere Hürde der geistliche Charakter der Texte. Das jedenfalls glaubte so mancher Kritiker in Europa: Wie sollte ein Japaner diese 300 Jahre alten Texte verstehen und musikalisch abbilden? Der Schlüssel für die geistige Durchdringung der Kantatentexte ist die tiefe Religiosität von Masaaki Suzuki.
Das ist eigentlich nicht Musikmachen. Für Masaaki ist das, was er macht, ein Gottesdienst.
* 1954 im japanischen Kobe
Studium in Tokio und Amsterdam: Orgel, Cembalo und Komposition
1990 Gründung des Bach Collegiums Japan
Professur für Orgel und Cembalo an Nationaler Universität für Kunst und Musik in Tokio
Gastprofessur für Chorleitung an der Yale University (USA)
2001 "Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland"
2015 Ehrendoktorwürde in Theologie von der Theologischen Universität Kampen (Niederlande)