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Album der Woche – Keith Jarrett spielt C. P. E. Bach Die Württembergischen Sonaten

Keith Jarrett ist ein Allrounder, ein Universalmusiker an den Tasten. Vor allem und zu Recht gilt er als genialer Improvisator, als Jazzer, als der Pianist, der spätestens mit dem Köln Concert weltberühmt wurde und Millionen-Verkäufe erzielt hat. Weil er zwei Schlaganfälle hatte, kann er heute nur noch sehr eingeschränkt und nicht mehr im Konzert spielen. Jarrett hat viele, auch klassische Alben veröffentlicht, diese Aufnahme aus dem Jahr 1994 mit Musik von Carl Philipp Emanuel Bach aber erst jetzt.

Bildquelle: ECM

Der CD-Tipp zum Anhören

Es hat lange gedauert, bis Carl Philipp Emanuel Bach, der zweitälteste Sohn Johann Sebastians, zumindest dem Namen nach wieder zu einer bekannten Größe im klassischen Musikleben wurde. Denn erst nach dem Zweiten Weltkrieg setzte eine entschlossene Wiederentdeckung ein: Noten wurden ediert, Lebenszeugnisse gesammelt und zum 300. Geburtstag im Jahr 2014 kamen einige bemerkenswerte Aufnahmen auf den Markt. Sicher ist – und das unterstreichen seine Kompositionen für Tasteninstrumente: Carl Philipp Emanuel Bach war ein Pionier zwischen Barock und Klassik, ein hoch gebildeter und universeller Künstler, der die Techniken des Klavierspiels entscheidend vorangetrieben hat und auch heute noch mehr Aufmerksamkeit verdient.

Kurz und bündig

Dieses Album lohnt sich, weil …
… wenig bekannte Klaviermusik zu entdecken ist.

Dieses Album ist ein Hörgenuss, weil …
… die Musik so natürlich und unprätentiös gestaltet wird.

Dieses Album hört man am besten, wenn …
… man in einen guten Flow kommen will.

Gespielt auf modernem Flügel

Keith Jarrett hat sich Anfang der 90er Jahre mit den sechs sogenannten "Württembergischen Sonaten" von Carl Philipp Emanuel Bach beschäftigt, nach einer Periode, in der er Musik vom Bach-Vater eingespielt hatte: das komplette Wohltemperierte Klavier, die Goldberg-Variationen und drei Gambensonaten, darüber hinaus die von Bach inspirierten Präludien und Fugen von Schostakowitsch und Suiten des Bach-Zeitgenossen Georg Friedrich Händel. Keith Jarrett spielt die 1744 veröffentlichten Sonaten von Carl Philipp Emanuel auf dem modernen Flügel, weil er das Gefühl hatte, dass es "noch Raum für eine Klavierversion gab", heißt es im Booklet. Und das nimmt man ihm ab, ohne ein historisches Instrument zu vermissen.

Mutige Konsequenz

Unprätentiös und fließend spielt Keith Jarrett. Er durchleuchtet einzelne Phrasen ohne auf Effekte zu zielen. An der einen oder anderen Stelle könnte ich mir die ein oder andere Stimmungsschwankung oder harmonische Fortschreitung extremer gestaltet vorstellen, dynamisch akzentuierter. Aber Jarrett überzeugt mit anderer mutiger Konsequenz, weil er diese Musik introvertiert, innig und doch in sich schlüssig durchschreitet, ohne Show, ehrlich und empathisch. Offensichtlich hat er die viel zitierten Worte von Carl Philipp Emanuel verinnerlicht, dass ein Musiker selbst gerührt sein müsse, um andere zu rühren. Denn: Keith Jarrett berührt und zeigt einmal mehr eine faszinierende Seite seiner Musikerpersönlichkeit.

Infos zum Album

Carl Phiipp Emanuel Bach:
Cembalosonaten Wq. 49 Nr. 1-6 "Württembergische"

Keith Jarrett (Klavier)
Label: ECM

Sendung: "Piazza" am 29. Juli 2023 ab 8:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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