BR-KLASSIK

Was heute ein Musical in Hamburg ist, waren im Barock die Lübecker Abendmusiken. Von weit her kamen die Besucher, um diese Konzertreihe von Dietrich Buxtehude zu erleben. Ein Erlebnis ist auch die Einspielung einer Abendmusik von Vox Luminis und dem Ensemble Masques.

Bevor im Lübeck des 17. Jahrhunderts immer donnerstags die Börse öffnete, vertrieben sich die wohlhabenden Kaufleute gerne ihre Wartezeit in der Marienkirche. Dort lauschten Sie den Klängen des Organisten Franz Tunder - und ließen dafür auch was springen. Und zwar so reichlich, dass später auch weitere Instrumente und Gesangssolisten hinzugenommen werden konnten. Zu den berühmten, weit über die Region ausstrahlenden "Abendmusiken" hat diese Kirchenkonzerte dann sein Nachfolger Dietrich Buxtehude ausgebaut. Er ließ vokale und instrumentale Werke aufführen mit immer größeren Besetzungen bis hin zu aufwendigen Oratorien, die sogar szenisch aufgeführt wurden - nicht zuletzt auch, um der Oper im nahen Hamburg Konkurrenz zu machen. Bei ihrer Aufnahme einer Abendmusik orientieren sich das Ensemble Masques und das Vokalconsort Vox Luminis am meist fünfteiligen Ablauf der gemischten Programme.

Diese Kompositionen schuf Buxtehude außerhalb seiner offiziellen Aufgaben als Marienorganist. Daher hatte er viel mehr Gestaltungsfreiheit und auch Zeit - für die Abendmusiken strebte er nach der höchsten künstlerischen Qualität. Was für hervorragende Werke dabei entstanden ist, davon zeugt diese Einspielung.

Experimentierfreudiger Meistermusiker

Die Stimmen von Vox Luminis bilden mit den Instrumentalfarben eine echte Einheit, der Mischklang ist bestechend. Das zeugt von einer sehr großen Sensibilität für die Gesamtwirkung. Niemand spielt sich hier in den Vordergrund, das Niveau ist durchweg hoch. Fast jedes dieser kantatenähnlichen Werke beginnt mit einer instrumentalen Sonata oder Sinfonia. Die enge Verbindung von instrumentalem und vokalem Ausdruck wird noch sinnfälliger durch die eingeschobenen Triosonaten. Die Musikerinnen und Musiker des Ensemble Masques geben diese Stücke, die oft ein wenig eckig oder gar schrullig daherkommen können, so natürlich und gewandt wieder, dass man hier schlicht den experimentierfreudigen Meistermusiker wahrnimmt, der immer wieder Neues ausprobiert. Auch wenn die Musik von Buxtehude langsam dem Geheimtipp-Status entwächst, diese CD ist ein echtes Statement und nicht nur dem Einsteiger aufs Wärmste empfohlen.

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 15. Juli 2018, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK