Thematisch strukturierte CD-Programme können durchaus problematisch sein. Nicht alles, was in der Konzertpraxis Sinn macht, funktioniert auch auf einem Tonträger. Nicht so bei der neuen CD von den Gothic Voices: das Dufay Spektakel.
Bildquelle: © Linn Records
Der CD-Tipp zum Nachhören
Thematisch strukturierte CD-Programme können durchaus problematisch sein. Nicht alles, was in der Konzertpraxis Sinn macht, funktioniert auch auf einem Tonträger. Nicht so bei der neuen CD von den Gothic Voices: das Dufay Spektakel. Das Ensemble präsentiert eine virtuelle Hochzeitsfeier an einem Neujahrstag um das Jahr 1470 herum. Angenehm ist dabei die Konzentration auf nur einen Komponisten - und was für einen. Wohl kein anderer hat das 15. Jahrhundert so geprägt wie Guillaume Dufay in seinen knapp 80 Lebensjahren. Konsequent durchbrach er alle gängigen Muster und probierte immer wieder Neues aus.
Der festliche Rahmen ermöglicht es, ganz ungezwungen geistliche und weltliche Musik zu kombinieren. Chansons und Motetten auf Französisch, Latein und auch Italienisch vermischen sich ganz selbstverständlich - und die Hinzunahme von Instrumenten war bei einer solchen Gelegenheit durchaus üblich. Interessant sind nun gerade die Querverbindungen innerhalb von Dufays vielgestaltigem Schaffen. Und die erschließen sich auf diese Weise direkt und ohne Umwege, etwa zwischen Cantilenensatz und den verschiedenen Spielarten der Polyphonie.
Dass die Gothik Voices diese Musik mit Leben erfüllen, kann man durchaus wörtlich nehmen. Bei aller Klarheit der Darstellung - und die ist, auch wenn Instrumente hinzutreten, geradezu vorbildlich - steht immer der Ausdruck an erster Stelle. In ihrer nunmehr fast schon 40-jährigen Ensemblegeschichte hat sich eine so schlafwandlerische Stilsicherheit entwickelt, dass die Sängerinnen und Sänger der Musik ganz nachgeben und auf die Entfaltung ihrer Wirkung setzen können. Dafür liefert die Auswahl dieser CD eine perfekte Plattform, von expressiv und schwungvoll bis feinsinnig-zart.
Die verschiedenen Stimmlagen und Instrumente werden mit großem Einfühlungsvermögen den jeweiligen Stücken angepasst. Beeindruckend ist die klangliche Abwechslung und Bandbreite, die ein kleines Ensemble um Andrew Lawrence-King mit Orgel, Harfe, Streichinstrumenten, Dulzian, Schalmei und Posaune zustande bringt, ohne sich dabei in den Vordergrund zu spielen. Ein wahrlich prachtvoller Blumenstrauß ist das, den uns die Gothic Voices hier präsentieren.
Guillaume Dufay
Gothic Voices, Andrew Lawrence-King
Label: Linn Records
Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 3. Juni 2018, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK