Bekannt ist Marc-Antoine Charpentier vor allem für die Eurovisionsmelodie. Dass er auch Oper konnte, beweist das Ensemble Correspondances auf seiner neuen CD.
Bildquelle: © harmonia mundi
Der CD-Tipp zum Nachhören
Unzählige Male musste der arme Orpheus in der Geschichte der Oper nun schon in die Unterwelt hinabsteigen, um seine geliebte Euridice wiederzugewinnen. Warum das Sujet die Komponisten über die Jahrhunderte hinweg immer wieder gereizt hat, liegt auf der Hand. Bei seiner Rückeroberungsmission setzt Orpheus nämlich auf eine ganz besondere Waffe: den Zauber der Musik.
In den frühen 80er-Jahren des 17. Jahrhunderts steuerte Marc-Antoine Charpentier seine Orpheus-Version der Genre-Tradition bei. Für eine Aufführung in verhältnismäßig kleinem Rahmen, nämlich für den Salon von Marie de Guise hatte er das Werk komponiert. Das Ensemble Correspondances unter der Leitung von Sébastien Daucé hat die beiden Akte der Kammeroper nun auf CD herausgebracht. Die Musiker werden dabei dem intimen und gleichzeitig extrovertierten Charakter des Werkes gerecht.
Orpheus gelingt es, Pluto, den Gott der Unterwelt, mit seinem Gesang zu erweichen. In der Einspielung überzeugt der klare Tenor von Robert Gretchell ohne Pathos, dafür mit großer Eindringlichkeit. Die Gesangssolisten sind insgesamt glücklich besetzt und überzeugen auch in den Ensemblestücken. Mit viel Feingefühl für die barocke Spielweise sind auch die instrumentalen Sätze interpretiert.
Charpentiers Oper endet offen: Orpheus konnte Pluto zwar überzeugen. Wird er es aber auch schaffen, seine geliebte Euridice nicht anzublicken bis die beiden wieder irdischen Boden betreten? Möglicherweise gab es ursprünglich einen dritten Akt, der das aufgeklärt hat, der ist aber nicht überliefert. Zum kompakten Charakter des Werks passt dieses erfrischend-offene Ende ohnehin ganz gut. Fazit: Große Oper in kleinem Format, grandios umgesetzt!
Ensemble Correspondances | Sébastien Daucé
Label: harmonia mundi
Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 22. Oktober 2017, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK