Der finnische Dirigent Klaus Mäkelä ist einer der gehyptesten Jungstars der Szene. Derzeit ist der 28-Jährige gleich bei zwei renommierten Orchestern Chef: beim Oslo Philharmonic und beim Orchestre de Paris. Die verwaisten Toporchester von Amsterdam und Chicago haben sich Mäkelä sogar schon weit im Voraus als neuen Chefdirigenten gesichert – ab 2027. Und einen Exklusivvertrag mit dem Traditionslabel Decca hat er auch schon in der Tasche. Jetzt haben Mäkelä und sein Pariser Orchester ein zweites Album mit Ballettmusik für Sergej Diaghilews Kult-Truppe Les Ballets Russes herausgebracht.
Bildquelle: Decca
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Russische Folklore und spektakuläre Schaueffekte – damit hat Igor Strawinsky 1911 das Pariser Publikum erobert. Immer neue Sensationen versprach sich der Impresario Sergej Diaghilew von der Verpflichtung berühmter Komponisten für seine Kompanie Les Ballets Russes – mit Strawinskys Jahrmarkts-Groteske "Petruschka" in der Choreografie von Michel Fokine ging die Rechnung voll auf. Dirigent Klaus Mäkelä reizt die turbulente Volksfest-Atmosphäre genauso brillant aus wie den grellen Auftritt der Titelfigur Petruschka, dem Kasper des russischen Puppentheaters.
Mit Bravour und Spielwitz kosten die Mitglieder des Orchestre de Paris Strawinskys bizarre Instrumentation und seine vertrackten Rhythmen aus. Auf die Spitze treibt es der Komponist im parodistischen Walzer der Ballerina mit dem protzigen Rivalen Petruschkas. Denn ungeniert montiert Strawinsky hier einen Walzer von Joseph Lanner und einen primitiven Stampftanz einfach übereinander – das holpert gewaltig.
Mit seiner lasziven Verkörperung des Fabelwesens in Claude Debussys "Vorspiel zum Nachmittag eines Fauns" wurde Vaslav Nijinsky zu einer Ikone des Tanzes. Dass dieser Tagtraum eines lüsternen Fauns ein Schlüsselwerk der musikalischen Moderne ist, zeigt Mäkelä mit souveräner Klangdisposition. Auch Debussys komplexes Spätwerk "Jeux – Spiele" hat Nijinsky für die Ballets Russes choreografiert. Das banale Sujet kreist um einen Flirt beim Tennis. Die feinnervige, raffiniert changierende Musik aber wird bei Mäkelä zum spannenden Match.
Das Album ist eine imponierende Leistungsschau eines Orchesters, das in der fantastischen Akustik der Pariser Philharmonie und unter dem klangsinnlichen Zugriff von Klaus Mäkelä zu Hochform aufläuft. Ja, die Spitzenorchester der Welt reißen sich zu Recht um den altmeisterlichen Jungstar!
Igor Strawinsky:
"Petruschka", Burleske Szenen in 4 Bildern
Claude Debussy:
"Jeux", Poème dansé
"Prélude à l'après-midi d'un faune'
Bertrand Chamayou (Klavier)
Orchestre de Paris
Leitung: Klaus Mäkelä
Label: Decca
Sendung: "Piazza" am 06. April 2024 um 08:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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