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Album der Woche – Claudio Monteverdi "L'Orfeo" mit Julian Prégardien

Der Begriff Epopöe ist aus der Mode gekommen, heute spricht man eher von einem Epos. Auf diese uralten Sagen und Erzählungen hat das 2018 von Stéphane Fuget gegründete französische Originalklangensemble Les Èpopées zurückgegriffen, als es einen Namen suchte. Und der passt, denn das Ensemble hat eine Menge zu erzählen. In der Szene der Alten Musik haben sich Fuget und sein Ensemble inzwischen als feste Größe etabliert. Auch Claudio Monteverdis späte Oper "Il ritorno d’Ulisse in Patria" hat Les Èpopées exemplarisch eingespielt. Jetzt lassen die Franzosen Monteverdis erste Oper "L’Orfeo" folgen.

Bildquelle: Chateau de Versailles

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Es ist eine der großen Liebesgeschichten der Weltliteratur. Orpheus verliert seine geliebte Euridike, befreit sie mit Hilfe der Schönheit seines Gesangs aus der Unterwelt und verliert sie erneut, weil er den Spruch der Götter missachtet. Der Komponist Claudio Monteverdi hat den Mythos in seinem "L'Orfeo" so kongenial in Töne gefasst, dass er die Frage, ob die Musik nicht sogar den Tod überwinden könne, fast körperlich erlebbar macht. "Du bist tot, mein Leben" singt Orfeo, "und ich atme noch? Wenn Lieder etwas bewirken können, will ich in die Unterwelt steigen, um das Herz des Herrn der Schatten zu erweichen und dich ins Licht der Sterne zurückzuführen."

Die Geburtsstunde der Oper

Tatsächlich gelangt Orfeo ins Totenreich und erweicht mit seinem Gesang das Herz Proserpinas. Die bringt ihren Gatten Pluto, den Gott der Unterwelt, dazu, Euridice ziehen zu lassen. Damit ist nicht weniger als die Gattung Oper legitimiert. Denn in deren Geburtsstunde beantwortet Monteverdi die Frage, weshalb da eigentlich gesungen und nicht gesprochen wird, was doch viel natürlicher wäre. Eben weil die Musik Gefühlsregionen anzusprechen vermag, die das Wort nie erreichen kann.

Auch nach 400 Jahren noch berührend

Auch wenn Monteverdis "L'Orfeo" nicht die erste Oper der Musikgeschichte war: Die Uraufführung dieser Favola in musica am 24. Februar 1607 im Palazzo Ducale von Mantua war so etwas wie der Beginn des Genres. Mit "L'Orfeo" stellte der geniale Italiener die Macht der Musik unter Beweis, mit Hilfe klingender Töne von solcher Schönheit, dass sie auch nach gut 400 Jahren unmittelbar berühren. Am Anfang der Gattung Oper liefert Monteverdi ihre Legitimation und ihren Gründungsmythos.

Nicht immer perfekt, aber unglaublich ausdrucksintensiv

Julian Prégardien ist ein wunderbar expressiver Orfeo in der Neuaufnahme des französischen Barockensembles Les Épopées unter Stéphane Fuget. Ein Titelheld, der auch Töne riskiert, die nicht immer perfekt und restlos schön sind, dafür aber unglaublich ausdrucksintensiv. Überschäumende Freude verkörpert Prégardien genauso überzeugend wie abgrundtiefe Verzweiflung. Überhaupt hat Fuget ein exquisites Solistenensemble versammelt. Und die ausgezeichneten Instrumentalisten von Les Epopées runden das Album zu einer absolut empfehlenswerten Aufnahme dieses frühen Meisterwerkes.

Die Musik gewinnt Macht über die Götter

"Die süßen Saiten meiner goldenen Leier erweichen selbst die härteste Seele", singt Orfeo. Und er hat Recht. Die Musik gewinnt Macht sogar über die Götter. Einen utopischen Moment lang scheint sie den Tod zu überwinden. Orfeo scheitert, die Musik aber bleibt. Denn im wunderschönen Schlussbild holt Apoll seinen trauernden Sohn Orfeo zu sich ans Firmament. Und dort singen die beiden noch heute.

Infos zur CD

Claudio Monteverdi:
"L'Orfeo"


Julian Pregardien (Tenor)
Gwendoline Blondeel (Sopran)
Marie Perbost (Sopran)
Eva Zaicik (Mezzosopran)
Cyril Auvity (Tenor)
Les Épopées
Leitung: Stéphane Fuget

Label: Chateau de Versailles


Sendung: "Piazza" am 29. Juni 2024 ab 8.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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