Sie ist eine gefragte Sopranistin, er ein prominenter Tenor. Doch gemeinsame Auftritte der Geschwister Anna und Daniel Prohaska sind selten. Jetzt steht so ein Konzert im Münchner Gärtnerplatztheater an. Wie prägt eine gemeinsame Kindheit die professionelle Zusammenarbeit?
Bildquelle: Chris Payne/Gärtnerplatztheater
BR-KLASSIK: "Brüderlein und Schwesterlein" erinnert sofort an "Hänsel und Gretel". War das auch Ihre erste Oper? Oder sind Sie gleich mit dem "Ring" eingestiegen?
Daniel Prohaska: Nein, mit dem "Ring" bin ich nicht eingestiegen. Ich bin mit der "Zauberflöte" eingestiegen und komischerweise auch mit "Don Carlos" und "Wozzeck". Ich habe eines der Kinder gespielt. "Hänsel und Gretel" kam erst viel später.
Anna Prohaska: Bei mir auch. "Hänsel und Gretel" war irgendwie war nicht en vogue.
Daniel Prohaska: Dadurch, dass wir nicht in nicht in München aufgewachsen sind, hatten wir kein Haus, das "Hänsel und Gretel" jede Adventszeit gespielt hätte.
Anna Prohaska: Bei mir war es tatsächlich der "Ring" im Fernsehen. Das war die Wiederholung des "Rings" von Patrice Chéreau, und ich habe mich als Zweijährige natürlich sofort in Peter Hofmann verknallt. Und der "Ring" begleitet mich bis heute, ich schaue den immer wieder und entdecke wieder neue Sachen. Ich habe also sozusagen gleich mit der schweren Kost begonnen.
BR-KLASSIK: Sie treten ja nicht so oft miteinander auf. Warum eigentlich nicht?
Daniel Prohaska: Wir leben in unterschiedlichen Städten, haben an unterschiedlichen Theatern zu tun und singen ein unterschiedliches Repertoire.
Anna Prohaska: Es liegt wohl auch einfach daran, dass wir beide ziemlich lange im Voraus planen und beschäftigt sind. Solche Freiräume muss man sich dann auch langfristig vorher erkämpfen. Und dann muss man natürlich auch einen Veranstaltungsort haben und finden. Und jetzt haben wir Glück mit dem Gärtnerplatztheater gehabt.
BR-KLASSIK: Wie ist es denn, wenn Sie aufeinandertreffen? Haben Sie da erst mal eine professionelle Distanz? Oder spielt es sich so ab wie in der Kindheit?
Daniel Prohaska: Kindheit ist komisch, weil wir keine gemeinsame Kindheit hatten, wir sind zehn Jahre auseinander. Da gibt es nicht wirklich Begegnungen auf Augenhöhe. Das kam eigentlich erst später.
Anna Prohaska: Ja, wir hatten nur sieben bewusste Jahre, die wir wirklich zusammengelebt haben. Dann bin ich mit meinen Eltern nach Berlin gezogen. Und da war Dani eben schon mit der Schule fertig und ist dann in seine eigene Studentenbude gezogen. Da war ich dann als Teenagerin öfters zu Besuch. Und das waren die Zeiten, in denen wir uns wirklich nähergekommen sind. Wo wir einfach auch mal in Ruhe quatschen konnten. Diese Zeit war sehr schön.
BR-KLASSIK: Auf welcher Ebene arbeiten Sie, wenn Sie jetzt zusammen musizieren?
Daniel Prohaska: Professionell. So wie wir das im sonstigen Berufsleben auch handhaben, aber natürlich mit der Vertrautheit, die man halt hat.
Anna Prohaska: Und Insider-Jokes…
Wir aber können relativ direkt kommunizieren.
Daniel Prohaska: Genau. Einfach den anderen gut kennend und dann kann man einfach sagen, da ein bisschen so, und dort ein bisschen so. Man hat weniger Hemmungen als bei Kollegen, mal was zu sagen. Da ist man immer wahnsinnig vorsichtig und versucht, bloß niemandem auf die Füße steigen. Wir aber können relativ direkt kommunizieren.
Anna Prohaska: Es ist nicht gehemmt. Und das Schöne ist, dass wir eine ziemliche gute Mischung für diesen Abend zusammengestellt haben. Auch an Repertoire und an Sparten, so dass wir jeweils beide gewisse Stärken haben und auch Genres, in denen wir mehr zu Hause sind als der andere. Und da können wir einander auch helfen, beziehungsweise Tipps geben. Das macht dann aber auch Spaß, dass man sich gegenseitig die Bälle zuspielen kann.
Es sind Nummern dabei, die fast auf jedem Familienfest geträllert werden.
Daniel Prohaska: Und ist auch genug anderes Zeug drin, das quasi gar nicht in unseren beruflichen Bereich gehört, sondern eigentlich eine Verbindung mit unserer Vergangenheit aufweist. Oder was wir in früheren Zeiten auch hörten. Ich habe in meinen späten Teenagerjahren zum Beispiel wahnsinnig gerne diese bretonische Musik gehört. Davon findet sich jetzt auch was in unserem Programm. Also es sind Nummern dabei, die fast auf jedem Familienfest geträllert werden.
Anna und Daniel Prohaska treten am Mittwoch, 13. Dezember, 20:00 Uhr gemeinsam im Münchner Gärtnerplatztheater auf. Auf dem Programm: Stücke von Händel über Kálmán und Weill bis Brubeck.
Anna Prohaska: Genau, wie "Oh Holy Night" von Adolphe Adam, das wir aber mit englischem Text singen. "You never walk alone" ist auch dabei – Lieder, die wir von der Liverpooler Fußballmannschaft kennen…
Daniel Prohaska: "She moved to the Fair", die irischen Volkslieder – denn die eine Seite der Familie ist irisch – sind auch dabei. Das haben wir alles versucht reinzupacken, um unsere Familienbande aufzuarbeiten.
BR-KLASSIK: Sie springen da zwischen den Sprachen hin und her. Bretonisch, Englisch, Tschechisch… Untereinander sprechen Sie normalerweise Englisch miteinander?
Anna Prohaska: Ja. Strikt und rigide.
Mir liegt 'Maria durch ein Dornwald ging' sehr am Herzen.
BR-KLASSIK: Sie haben auch ein bisschen etwas Weihnachtliches auf den Programmzettel gepackt. Wie sucht man Weihnachtslieder aus?
Daniel Prohaska: Die Schönen.
Anna Prohaska: Mir liegt "Maria durch ein Dornwald" ging sehr am Herzen. Ich finde es einfach ein wunderschönes, altes deutsches Volkslied.
BR-KLASSIK: Und an Weihnachten, feiern Sie dann auch zusammen?
Daniel Prohaska: Nicht jedes Jahr. Aber dieses Jahr schaffen wir es. Wir treffen uns dann allerdings in Wien wieder. Ich habe hier noch einige Vorstellungen zu singen und Anna hat noch ein paar Konzerte.
Anna Prohaska: Genau, ich bin noch in Barcelona mit Isabelle Faust und dann kurz noch in Berlin, um den Koffer umzupacken und komme dann am 23. Dezember nach Wien. Und dann sehen wir uns am 24. und am 25. Dass man da so ein bisschen Familienanschluss hat, das ist uns beiden wichtig.
BR-KLASSIK: Und dann gibt es wieder Star Wars-Abende?
Anna Prohaska: Oh ja, das wäre überhaupt super. Aber da muss man unseren Vater irgendwie ausschalten…
Daniel Prohaska: …denn der besetzt den Fernseher…
Anna Prohaska: … und der hasst Science-Fiction, das ist ihm immer so laut und diese Laser-Schwerter. Aber das kriegen wir vielleicht hin.
Sendung: "Leporello" am 12. Dezember ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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