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Zwei Wochen im Zeichen des Tanzes BallettFestwochen in München

Man könnte sie, ganz ohne Ironie, eine Ballettdreieinigkeit nennen: Staatsballettchef Ivan Liška und seine Stellvertreter Bettina Wagner-Bergelt fürs Modern-Zeitgenössische und Wolfgang Oberender fürs Klassische. Trotz verschiedener Vorlieben hat dieses Leistungs-Team achtzehn Jahre gehalten. Und natürlich hat es auch die Ballettwoche (3. - 19. 4.), mit der sich Liska als Ballettchef heuer verabschiedet, gemeinsam als "Parforceritt" durch diese lange triadische Ära geplant.

Szenenbild aus "Choreartium Ensemble" in der Bayerischen Staatsoper | Bildquelle: © Charles Tandy

Bildquelle: © Charles Tandy

Zum Auftakt musste es was Besonderes sein: Pina Bauschs "Für die Kinder von gestern, heute und morgen" (2002). Das Wuppertaler Tanztheater hat erst jüngst begonnen, Stücke der 2009 verstorbenen Tanztheater-Legende Pina Bausch anderen Compagnien zu überlassen. Aber, so Wagner-Bergelt bei der Vorstellung des Festprogramms, man habe mutig schon zu Lebzeiten der Bausch angefragt, und nun hat das Staatsballett hierzulande die Nase vorn.

"Wir haben über zwei Jahre hinweg das Ensemble in Workshops mit Bausch-Experten an diese Choreographie herangeführt", sagt Wagner Bergelt. Am Ende hatten sich 18 Tänzer durchgebissen. In "Für die Kinder von gestern, heute und morgen" müssen sie sprechen, Lust, Schmerz und Aggression rausschreien.

"Für die Kinder von gestern, heute und morgen" bei den Ballettwochen des Bayerischen Staatsballetts

Premiere: Sonntag, 03. April, 19:00 Uhr
Weitere Aufführungen: 04./08./10./19. April - je 19:30 Uhr und 23. April, 19:00 Uhr
Choreographie: Pina Bausch; Komponist: Felix Lajko, Nana Vasconcelos, Caetano Veloso, Bugge Wesseltoft, Amon Tobin, Marie Boine u.a.

Tänzer, die im Ensemble eher wenig oder noch gar keine Chance hatten sich zu profilieren, kann man hier regelrecht neu entdecken: zum Beispiel die zierliche Joana de Andrade, noch eine Vernon-Schülerin -, die hier nie genutzte sensibel-dramatische Qualitäten aus sich herausholt, mit nervösen, flatternden Bewegungen hinüber tänzelt ins ausdruckvolle zeitgenössische Genre. Und Mia Rudic, eine exzellente aparte Tänzerin, knallt ihr langes Sprech-Solo fast mit der Verve einer Nazareth Panadero (eine von Bauschs langjährigsten Charakter-Frauen) ihrem Partner Matteo Dilaghi entgegen.

Ältere Tänzer im Rampenlicht

Ganz nah ans Menschliche heran führt auch Simone Sandroni mit "The Passenger" zu Iggy Pops gleichlautender Punkrock-Ballade. Anknüpfend an das Nederlands Dans Theater III, das von 1991 bis 2006 den Wert älterer Tänzer ins Rampenlicht rückte, hat der Italiener diese Kreation für Ivan Liška, Peter Jolesch, beide Jahrgang 1950, und Kammertänzerin Judith Turos, längst Ballettmeisterin, maßgeschneidert - aber nicht als bewegungsarme Pantomime - und gesellt ihnen zehn junge Staatsballett-Mitglieder bei. Eine Aussicht vielleicht, dass die Jung-Alt-Grenze aus den Köpfen verschwindet. Dass ältere Tänzer nicht nur auf die Schreitrollen von Vätern, Müttern, Patres und Ammen abgeschoben werden.

"The Passenger" bei den Ballettwochen des Bayerischen Staatsballetts

Premiere: Freitag, 15. April, 20:00 Uhr
Weitere Aufführungen: 16./18. April, 19:30 Uhr
Choreographie: Simone Sandroni; Komponist: Iggy Pop

Die "Terpsichore-Gala XII" wartet auf mit dem Ballett des Nationaltheaters Prag, den Stars Maria Eichwald - einst Münchner Juwel - mit Partner Friedemann Vogel vom Stuttgarter Ballett, Iana Salenko vom Staatsballett Berlin, Steven McRae vom Londoner Royal Ballet, Laura Hecquet und Karl Parquette von der Nationaloper Paris. Das gesamte Ballettwochen-Programm spiegelt gerafft, was die Trias Liska, Wagner-Bergelt und Oberender anstrebten: eine sorgfältige Pflege der Klassiker, eine Mischung aus Handlungs- und konzertanten Balletten, im Rahmen von "Tanzland Deutschland" eine Aufarbeitung herausragender historischer Werke hierzulande, eine Aufmerksamkeit auch auf die Entwicklung des Balletts, klassisch und neoklassisch, wie auch des modernen Tanzes, und das vom frühen 20. Jahrhunderts bis hin zur Gegenwart. Also jetzt Energie ansparen für zwei tanzgesättigte Wochen.

Weitere Aufführungen bei den Ballettwochen des Bayerischen Staatsballetts

"Paquita" - Choreographie: Alexei Ratmansky, Marius Petipa; Musik: - 05. April, 19:30 Uhr

"Die Kameliendame" - Choreographie: John Neumeier; Musik: Frédéric Chopin - 06. April, 19:30 Uhr

"Terpsichore-Gala XII" - Choreographie: Rederick Ashton u.a.; Musik: Alexander Glasunow u.a. - 07. April, 19:30 Uhr

"Le Corsaire" - Choreographie: Marius Petipa/Ivan Liška; Musik: Adolphe Adam/Léo Delibes u.a. - 09. April, 19:30 Uhr

"One Upon An Ever After / CHoreartium - Chroeographie: Terence Kohler/Léonide Massine; Musik: Peter Tschaikowsky/Johannes Brahms - 10. April, 19:30 Uhr

"Das Triadische Ballett - Le Sacre du printemps" - Choreographie: Gerhard Bohner/Mary Wigman; Musik: Hans Joachim Hespos/Igor Strawinsky - 12./14. April, 19:30 Uhr

"Model - Metric Dozen" - Choreographie: Richard Siegal; Musik: Lorenzo Bianchi Hoesch - 13. April, 20:00 Uhr

"Onegin" - Choreographie: John Cranko; Musik: Peter Tscheikowsky arr. von Kurt-Heinz Stolze - 17. April, 19:30 Uhr

"Sinfonie in C - In the Night - Adam is" - Choreographie: George Balanchine u.a.; Musik: Georges Bizet u.a. - 19. April, 19:30 Uhr

"Alice im Wunderland" - Choreographie: Christopher Wheeldon; Musik: Joby Talbot - 03. April (Premiere), 19:00 Uhr - weitere Vorstellungen: 04./20./23./28./30. April, 19:30 Uhr

"Mayerling - Gastspiel Stanislawski-Ballett Moskau" - Choreographie: Kenneth MacMillan; Musik: Franz Liszt - 06./07. April, 19:30 Uhr

"Spartacus" - Choreographie: Yuri Grigorovich; Musik: Aram Chatschaturjan - 08. April, 19:30 Uhr

"Romeo und Julia" - Choreographie: John Cranko; Musik: Sergej Prokofjew - 10. April, 19:30 Uhr

"La Fille mal gardée" - Choreographie: Frederick Ashton; Musik: Ferdinand Herold arr. von John Lanchberry - 11. April, 19:30 Uhr

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