Die Oper hat Verschnaufpause im Nationaltheater. Das Bayerische Staatsballett startet in seinen alljährlichen Marathon, und damit in die schönste Zeit des Jahres für Ballettchef Igor Zelensky, der sich noch viel mehr Ballettabende in einem der "prächtigsten Opernhäuser der Welt" wünscht, wie er sagt. Es gibt zwar heuer keine Festspielpremiere, dafür jede Menge Spitzensolisten aus aller Welt: acht Tage und acht Abende lang also alle Ballett-Highlights der letzten Jahre.
Your browser doesn’t support HTML5 audio
Den Anfang zur Ballettwoche 2019 macht die Premiere dieser Saison - "Jewels" von George Balanchine: Feinnervige Neoklassik, die stellenweise in ihrem Streben nach perfekter Synchronität an die Funkenmariechen des Mainzer Karneval erinnert. Mit kostbaren, glitzernden Steinen bestickt sind die aufwändig gestalteten Kostüme.
Drei Farben stehen für die drei Teile von "Jewels" und damit auch für drei unterschiedliche Anmutungen: Romantisch, märchenhaft versinnbildlicht in Smaragdgrün, cool-lässig-zackig passt zu Rubinrot und majestätisch strahlt das Finale so blendend-grell wie Diamanten. Ein prächtiger Auftakt also, der allein in der Ausstattung daran erinnert, wo wir sind, nämlich mitten auf der edlen Konsummeile Maximilianstrasse. Wer keine Karten mehr für "Jewels" bekommen hat: StaatsoperTV überträgt den Abend live in alle Welt und damit zu allen klassischen Ballettfans.
"Was modernes" - das sagt sich so einfach … Eine "Modern Dance Compagnie" stellt andere Anforderungen an die Beweglichkeit als das klassische Ballett - das fängt bei einer Hüfte aus Gummi an, geht über das Streben des Körpers in Richtung Erdmittelpunkt und endet beim Einsatz von stocksteifen Armen, die so gar nicht zu den geschmeidigen Arm-und Handbewegungen des klassischen Balletts passen. "Mal eben modern" ist eben auch eine Frage der physischen Konstitution der Tänzer und deren Muskulatur, so wie ein Dressurpferd anders trainiert wird als das Pferd eines Cowboys.
Wayne McGregor kommt vom Street Dance, hat die klassische Ballettausbildung abgebrochen, Choreografie und Semiotik studiert. Er ist umjubelter "Choreograph in residence" beim Royal Ballett in London. Und auch in München liegen ihm die Tänzer zu Füßen. Igor Zelensky hat den Engländer bewundert, als er selbst noch aktiv getanzt hat:
McGregor hat eine unglaubliche Energie. Alle hören ihm begeistert zu. Mit seiner speziellen Psychologie bringt er die Tänzer dazu, Bewegungen umzusetzen, die erst mal unmöglich erscheinen. Er ist wie eine Art Guru.
Allein das "ach-so-nörglerisch-veranlagte" Münchner Ballettpublikum scheint offensichtlich doch noch nicht reif zu sein für die lautstark eingeforderte Moderne im Ballett. Zwischen all den mehr oder weniger ausverkauften Veranstaltungen der Festwoche sticht das zeitgenössische "Portrait Wayne McGregor" heraus, weil es genau dafür noch Karten gibt.
Die Ballettfestwoche 2019 geht vom 11. bis 19. April. Alle Informationen zu Vorstellungen und Tickets finden Sie auf der Website der Bayerischen Staatsoper.
Sendung: "Leporello" am 2610. April 2019 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK