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Claudia Roth kritisiert Bayreuther Festspiele "Reformbedarf"

Endspurt in Bayreuth – und Berlin grätscht dazwischen: Kulturstaatsministerin Claudia Roth mahnt Reformen an. Auch der Stuhl von Festspielleiterin Katharina Wagner könnte wackeln. Ein turbulentes Ende turbulenter Wochen.

Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen), Kulturstaatsministerin, bei der Eröffnung der Bayreuther Richard-Wagner-Festspiele im Festspielhaus auf dem Grünen Hügel. Die Festspiele beginnen in diesem Jahr mit einer Neuinszenierung von «Tristan und Isolde» | Bildquelle: picture alliance/dpa | Daniel Löb

Bildquelle: picture alliance/dpa | Daniel Löb

"Es gibt auf dem Grünen Hügel wirklich sehr viel Reformbedarf", sagte Claudia Roth am Mittwoch der dpa. Ihr gehe es um die "Zukunftsfähigkeit" der Festspiele, also darum, "die Rahmenbedingungen für künstlerisch attraktive Inszenierungen zu schaffen."

Claudia Roth: Kritik an künstlerischer Qualität?

Ist das eine Kritik an der künstlerischen Qualität bei den Wagnerfestspielen? So konkret wird die Kulturstaatsministerin nicht. Sie bleibt ambivalent. Sowohl musikalisch als auch mit Blick auf die Regie schätze sie die Qualität in Bayreuth als sehr hoch ein, so Roth. Nichtsdestotrotz sieht sie die Festspielleitung gefordert, "die Rahmenbedingungen der Festspiele so zu gestalten, dass künstlerische Höchstleistungen erbracht werden können."

Die Leitung der Festspiele wird sich in den nächsten Jahren stärker um ihr Publikum bemühen müssen.
Claudi Roth, Kulturstaatsministerin

Zu wenig divers: Das Publikum in Bayreuth

Klarer ist Roth mit Blick auf die Publikumszusammensetzung auf dem Grünen Hügel. Trotz Online-Verkauf und Live-Kino-Events – das Publikum im Festspielhaus sei "kein Abbild unserer vielfältigen, bunten Gesellschaft", so Roth. Besonders junge Menschen seien in Bayreuth unterrepräsentiert. Deutlichen "Nachholbedarf" sieht die Ministerin hier. "Die Leitung der Festspiele wird sich in den nächsten Jahren stärker um ihr Publikum bemühen müssen."

Wie geht es weiter mit Katharina Wagner?

Letzteres darf getrost als Signal an die amtierende Festspielchefin Katharina Wagner verstanden werden. Seit 2015 lenkt die Wagner-Urenkelin alleine die Geschicke auf dem Hügel. Ihr Vertrag läuft 2025 allerdings aus. Und Roth hat bereits klargestellt, dass sie es nicht für zwingend hält, dass die Leitung der Festspiele in Familienhand bleibt. Gespräche über Wagners mögliche Verlängerung werden im kommenden Jahr geführt, kündigte Georg von Waldenfels an, Chef des Bayreuther Verwaltungsrats.

Klicktipp

Trotz Vorwüfen sexueller Belästigung: Daniele Gatti kehrt zurück an den Grünen Hügel. Hier geht's zum Artikel.

Derweil biegen die diesjährigen Festspiele auf die Zielgerade ein. Am 1. September ist Schluss. Und das nach einigen recht turbulenten Wochen. Erst die Sexismusvorwürfe, dann ein mit Premieren vollgepacktes Programm und schließlich die Proteststürme gegen den neuen "Ring" von Valentin Schwarz. Bereits jetzt deutet sich an: Es bleibt weiter spannend am Grünen Hügel.

Sendung: "Leporello" am 31. August 2022 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (9)

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Samstag, 10.September, 09:56 Uhr

Helene Boos

Claudia Roth zu Bayreuth

Chapeau vor so viel geballter Kompetenz! Mit der Expertise aus Studienabbruch Kleinkunst und Ideologie entstehen die wahren „Reformideen“ in Sachen Wagner, Bayreuth! Grandios! Diversität und endlich gegenderter Text, das wird Alt und Jung in Scharen nach Bayreuth locken.

Montag, 05.September, 17:09 Uhr

Bettina Weidmann

Frau Roth

Oh , meine Güte ... wenn Frau Roth nun auch noch ihr Unwesen bei den großen klassischen Events treiben will! Sie sollte bei dem bleiben, was sie kann (Kleinkunst) und sich kompetente Berater in Sachen Klassik suchen.
Bayreuth so wie es im Moment läuft, gefällt mir auch nicht - ich denke an die Zeiten, wo dort noch Dirigenten und Sänger mit großem Können, Musikverständnis und Format waren! Und vor allem Regisseure, die mit dem Werk etwas anfangen konnten und die Inszenierung der Komposition diente und nicht der Hybris der Regisseure!

Montag, 05.September, 15:45 Uhr

Alexander Störzel

"Reformbedarf"

Vermutlich wollte Claudia Roth zum Ausdruck bringen dass ihr das Bayreuther Festspielpublikum zu elitär ist, sprach es nicht aus, da sie selbst bei jeder Eröffnung anwesend ist.
Nach der Premiere von "Tristan und Isolde" äußerte sie sich begeistert - jetzt äußert sie sich so.
Der Sohn von Katharina Wagner ist jetzt 29 Jahre alt, man hört so gut wie nichts von ihm.
Deshalb hat sich wohl die Frage der traditionellen Nachfrage von selbst geklärt.

Ich liebe die Bayreuther Festspiele wegen des Mutes zum Wagnis (Zitat von "Loriot" 1983), wegen der Stimmung und wegen nostalgischer Erinnerungne an meine Jugend.

Sonntag, 04.September, 18:29 Uhr

Gerald Bast

Wenn es von Frau Roth kommt...

Wenn so eine Äußerung von Frau Roth kommt, darf man es getrost als Drohung auffassen. Und was soll die Einlassung mit dem Publikum? Bleiben Plätze leer, wenn man die Quoten an Frauen, Männern, Diversen, Altersgruppen etc nicht erfüllt, diese Gruppen aber das gar nicht wahrnehmen wollen? Soll Bayreuth so leer gespielt werden wie so manches staatliche Opernhaus?
Gibt es denn schon einen grünaffinen Interessenten für den Posten von Frau Wagner, der hier in altbekannter Weise versorgt werden soll?

Freitag, 02.September, 11:01 Uhr

Peter Pietschmann

Jetzt hat sich Frau Roth also über Bayreuth hergemacht. Das fehlte gerade noch. Ihre Wahrnehmungsbilanz, es gebe auf dem Grünen Hügel „wirklich viel Reformbedarf“, klingt wie eine Drohung. Reformiert werden soll wohl zunächst das dynastische Prärogativ der Familie Wagner auf die Festspielleitung. Bei Roth heißt das sprachlich unbeholfen „Es gibt hier keine rituelle Pflicht“. Rituelle Pflicht? Was ist das denn? Na, geschenkt.
Welche Programmatik aber verbirgt sich hinter der Bemängelung, „daß das Publikum auf dem Grünen Hügel eben kein Abbild unserer vielfältigen, bunten Gesellschaft darstellt“? Was soll das? Es gibt bekanntlich große Bevölkerungsteile, die auch bei Rock-, Popp-, Schlager-, Rapp- und artverwandtem kulturwidrigem Halligalli nicht auf die Idee kommen, Publikum zu verkörpern, um das Abbild einer „bunten Gesellschaft“ entstehen zu lassen. Zugutehalten muß man der kulturadministrativen Visitatorin die Erkenntnis, daß „Die Bayreuther Festspiele (..)international eines der wic

Freitag, 02.September, 09:15 Uhr

Kallen Peter

Bayreuth Festspiel

Heute nur noch ein Abklatsch von früheren Zeiten ! Beispiel Tristan u Jsolde. Mit Karl Böhm ! W.Windgassn und Birgit Nilsson ! Inszenierung : von Wieland Wagner ! Leider nach Wielands Tod war der gute Geist nur noch Geschichte . Mit seinem Bruder Begang der Untergang ! Siehe heute.

Donnerstag, 01.September, 16:36 Uhr

Gerrit van der Heide

Publikum

Schon Richard Wagner selbst sagte damals zu seinen Kindern: Kinder schafft neues!
Nur moderne Inszenierungen reichen nicht.
Genau wie ihr Uropa die Musik und das Theater änderte, muss sie eingreifen in der tradition

Donnerstag, 01.September, 15:42 Uhr

Nina

Publikum

Diese paradoxe Dame politisiert zutiefst! Die musikalische Exzellenz ist da ! Sie spricht von Exzellenz . . Sie spricht. Das Problem der Vielfalt, des Publikums: Es gibt keine Verbindung, und ich bezweifle die Qualität der Exzellenz, die auf diese Weise erreicht wird: nicht durch die Diversifizierung in eine zuvor nicht eingeweihte Volksmasse oder durch die Vereinfachung des ursprünglichen Werkes (Abt) dass wir ein Wiederaufleben des Interesses erreichen! Wollen wir erhöhen, neue Zuschauer anziehen, oder alte und müde? Aber lassen Sie uns die burlesken Szenarios von Direktoren vermeiden, die ihrer Vorstellungskraft beraubt sind oder verzweifelt darauf hoffen, etwas mehr zu finden und besser den Beruf zu wechseln! Es gibt zweifellos ein richtiges Maß zwischen der Inszenierung der Epoche und einer Transkription zu den modernen szenischen Formen, ohne in die aktuellen Exzesse zu verfallen, die weder den großen Musikliebhabern, noch den Neophyten gefallen!

Donnerstag, 01.September, 10:53 Uhr

Gufo

Publikum

Natürlich muß sich die Festspielleitung mehr um das Publikum bemühen und dafür sorgen, dass wieder mehr Inszenierungen angeboten werden, welche die Musik unterstreichen und nicht zerstören. Die italienischen Opernhäuser könnten hier ein Beispiel sein. Dort muß man weitgehend ohne staatliche Subventionen auskommen und kann es sich deshalb nicht leisten. eigene Befindlichkeiten ohne Rücksicht auf das zahlende Publikum zu pflegen.

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