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Camilla Nylund als "Isolde" in Bayreuth "Der Text ist der totale Wahnsinn"

Mit einer Neuproduktion von "Tristan und Isolde" eröffnen die diesjährigen Bayreuther Festspiele. Die Titelheldin wird von Camilla Nylund verkörpert. Eine außergewöhnliche Erfahrung für die finnische Sopranistin.

Die finnische Sopranistin Camilla Nylund | Bildquelle: © anna.s.

Bildquelle: © anna.s.

BR-KLASSIK: Camilla Nylund, wie wichtig ist es Ihnen, sich selbst auf der Bühne zu zeigen und nicht nur eine Rolle zu präsentieren?

Camilla Nylund: Ich liebe es, eine Rolle auf der Bühne zu spielen. Dinge zu erleben, die man im Privatleben nicht so erleben kann. Es ist das Wunderbarste, was es in diesem Beruf gibt!

BR-KLASSIK: Wie docken Sie bei der Isolde mit Ihrer aktuellen Lebenssituation an?

Camilla Nylund: Man braucht einfach Erfahrung, um so eine Partie auf der Bühne darzustellen. Man kann keine pure Anfängerin sein, wenn man diese Partie singt. Da bin ich einfach froh, dass ich seit fast 30 Jahren auf der Bühne stehe.

Camilla Nylund tritt bei der Eröffnung der Bayreuther Festspiele auf

BR-KLASSIK: Und seit 2011 in Bayreuth. Wie sehr hat sich Ihre Stimme durch die Bayreuther Festspiele entwickelt?

Camilla Nylund als Elsa von Brabant | Bildquelle: Bayreuther Festspiele/Enrico Nawrath Camilla Nylund als Elsa von Brabant bei den Bayreuther Festspielen. | Bildquelle: Bayreuther Festspiele/Enrico Nawrath Camilla Nylund: Es war natürlich ein großer Sprung, damals in Bayreuth als Elisabeth im "Tannhäuser" zu debütieren. Ich bin dafür sehr, sehr dankbar. Und natürlich auch, dass ich 2024 noch mal hier bin und die Festspiele eröffnen darf. Beim Wagner habe ich wirklich alles gesungen, eigentlich alle Sopranrollen im "Ring", ich habe Elsa, Elisabeth, Senta verkörpert und jetzt die Isolde.

BR-KLASSIK: Wann war Ihnen denn klar, dass Sie bereit waren für die Isolde?

Camilla Nylund: Die Rollen sind so auf mich zugekommen, ich habe das nie geplant. Manchmal ist es vielleicht bei einigen Partien etwas zu früh gewesen. Aber jetzt sind die wichtigsten Jahre in meiner Karriere und ich kann das auch viel mehr genießen.

BR-KLASSIK: Das klingt etwas zu bescheiden, Sie haben ja hart gearbeitet.

Camilla Nylund: Natürlich. Es liegt sehr harte Arbeit dahinter und man braucht sehr gute Leute um sich herum: Pianisten, Dirigenten, Regisseure. Leute, denen man vertrauen kann, aber auch Leute, die an einen glauben. Das ist natürlich ein langer Weg. Aber ich liebe meinen Beruf und könnte mir nichts anderes vorstellen.

Rolle der Isolde ist eine große Herausforderung

BR-KLASSIK: Den Text für die Isolde haben Sie im ersten Lockdown erarbeitet, Sie hatten also ein bisschen mehr Zeit. Trotzdem: Der Text ist ja der totale Wahnsinn…

Camilla Nylund: Der Text ist wirklich der totale Wahnsinn. Ich habe gedacht, ich lerne diesen Text nie. Es ist natürlich ein learning by doing. Ich hoffe, dass ich jetzt hier in Bayreuth schon ziemlich nah an der Perfektion sein darf. Und ich werde natürlich den Text noch weiter pauken.

Ich habe gedacht, ich lerne diesen Text nie.
Camilla Nylund über die Rolle der Isolde

BR-KLASSIK: Was macht denn der erste Aufzug für Sie als Isolde so herausfordernd?

Camilla Nylund: Ich bin erstens die ganze Zeit auf der Bühne und zweitens gibt es so unglaubliche Ausbrüche. Man muss aus einem Gefühl ins andere. Der Akt endet ja dann wieder ganz anders als er angefangen hat. Diese Frau ist bereit zu sterben, weil sie so verletzt ist. Aber sie fühlt natürlich auch, dass sie für Tristan Gefühle hat, die sie eigentlich nicht wahrhaben möchte. Das ist das unglaublich Spannende bei dieser Oper.

BR-KLASSIK: Inwieweit fließen bei Ihnen Erfahrung von eigenen großen Lieben in die Rolle ein?

Die finnische Sopranistin Camilla Nylund bei den Bayreuther Festspielen 2011. | Bildquelle: © David Ebener / dpa Die finnische Sopranistin Camilla Nylund bei den Bayreuther Festspielen 2011. | Bildquelle: © David Ebener / dpa Camilla Nyund: Darum geht es ja eigentlich im Leben eines Menschen: zu lieben. Es ist das schönste, wichtigste Gefühl, das wir Menschen empfinden. Es geht um die Liebe zu unseren Eltern, zu unseren Kindern. Es geht um die Liebe zwischen zwei Personen. Es gibt auch Schwesternliebe. Aber in diesem Stück geht es natürlich um die Liebe zwischen Mann und Frau. Um Verletztheit, um Rache. Auf der einen Seite zuzugeben: Ich liebe diesen Menschen so sehr, ich kann es nicht lassen. Und trotzdem zu merken: Ich kann mit diesem Menschen in dieser Welt nicht leben, weil die Konventionen es unmöglich machen. Ich muss mit ihm in eine andere Welt ziehen und in den Tod gehen.

Liebe ist das wichtigste Gefühl, das wir Menschen empfinden.
Camilla Nylund

BR-KLASSIK überträgt die Eröffnungspremiere von "Tristan und Isolde" am 25. Juli ab 15:57 Uhr live in allen ARD-Kulturwellen und ab 16:00 Uhr im Video-Livestream. Eine TV-Aufzeichnung der Premiere ist am Samstag, 27. Juli, um 20:15 Uhr in 3sat zu sehen.

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