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Dirigentin Marie Jacquot im Gespräch "Weibliche Vorbilder können helfen"

Frauen am Dirigierpult sind noch eine Ausnahme. Frauen in der Astrophysik ebenfalls. Woran liegt das? Zum Weltfrauentag unterhält sich die Wissenschaftlerin Suzanna Randall mit der Dirigentin Marie Jacquot - im Podcast KOSMOS MUSIK. Beide sprechen über persönliche Erfahrungen.

Fotosession zum Podcast "Dein Weg. Dein Ziel" mit der Dirigentin Marie Jaquot und Bahnrad-Olympiasiegerin Miriam Welte | Bildquelle: Thomas von der Heiden

Bildquelle: Thomas von der Heiden

Suzanna Randall: Marie, du bist Dirigentin, ich bin Astrophysikerin und angehende Astronautin. Wir sind also beide Frauen in "männerdominierten" Berufen. Eine Studie über den Frauenanteil in Berufsorchestern hat ergeben, dass gerade mal sieben Prozent der Abokonzerte von Dirigentinnen geleitet werden. Wie gehst du damit um, als Frau vor einem Orchester zu stehen?

Marie Jacquot: Für mich hat das nie eine Rolle gespielt. Ich habe Tennis und Posaune gespielt und bin Dirigentin. Das sind alles Tätigkeiten, die in meiner Jugend sehr von Männern dominiert waren. Aber ich habe mir nie die Frage gestellt, ob ich das machen darf, weil ich eine Frau bin. Ich habe es einfach gemacht, weil es mich mit Freude erfüllt hat. Und deswegen habe ich dieses Thema "Frauen am Pult" auch nicht an mich herankommen lassen.

Suzanna Randall  - Kosmos Musik Podcast | Bildquelle: BR Die Astrophysikerin Suzanna Randall ist Host des Wissens-Podcasts "KOSMOS MUSIK". | Bildquelle: BR Suzanna Randall: Bei mir ist es ähnlich. Ich bin ja auch nicht in die Astrophysik gegangen und mache jetzt die Ausbildung zur Astronautin, weil ich gesagt habe: Das machen Frauen nicht, deswegen muss ich das jetzt machen. Mich hat der Weltraum einfach interessiert. Aber bei den Dirigentinnen ist der Frauenanteil bei Berufsorchestern geringer als der Frauenanteil im Dirigierstudium, laut der Studie. In der Astrophysik haben wir das Phänomen auch: Im Studium liegt der Frauenanteil bei etwa 30 Prozent. Aber Frauen, die in Deutschland eine Professur in der Astrophysik haben, kann man an einer Hand abzählen. Es passiert also etwas dazwischen, was die Frauen aussteigen lässt.

Marie Jacquot: Als ich in Wien Dirigieren studiert habe, waren von 50 Studierenden maximal fünf Frauen. Ich glaube aber, da bewegt sich was. Wir Dirigentinnen sind inzwischen viel sichtbarer und viel präsenter in den Medien. Und wir sehen auch an den Hochschulen, dass die Frauenquoten bei Studierenden höher wird. Aber ob wir mal bei 50 Prozent Frauen und 50 Prozent Männern landen werden – da bin ich ein bisschen skeptisch. Ein Grund ist vielleicht die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

KOSMOS MUSIK: NEUER WISSENS-PODCAST MIT SUZANNA RANDALL

Warum ist Singen gut fürs Immunsystem? Wie klingt das Weltall? Und fördert Klavier spielen die Intelligenz? Auf diese und andere spannende Fragen antwortet der neue Wissens-Podcast "Kosmos Musik" mit der Astrophysikerin und angehenden Astronautin Suzanna Randall. Jede Woche donnerstags eine neue Folge: bei BR Podcast, in der ARD Audiothek und überall, wo es Podcasts gibt.

Suzanna Randall: Von außen betrachtet ist der Beruf der Orchesterleitung für mich eigentlich extrem geschlechtsneutral.

Marie Jacquot: Ja! Musik ist ja auch nicht weiblich oder männlich. Insofern finde ich eigentlich absurd, dass wir über Dirigenten oder Dirigentinnen reden müssen. Es ist ein Mensch, der das Orchester in eine musikalische Richtung bringt. Ob du eine Frau bist oder ein Mann, ist für mich kein Unterschied. Denn wenn du eine Aufnahme hören würde, würdest du nicht erkennen, ob eine Frau dirigiert oder ein Mann.

Suzanna Randall: Trotzdem finde ich es erstaunlich, dass der Frauenanteil beim Dirigieren so gering ist.

Marie Jacquot: Ich hab irgendwo gelesen, dass viele Berufe, die mit viel Macht und viel Geld verbunden sind, hauptsächlich Männerdomäne waren oder noch sind.

Suzanna Randall: Das ist es nämlich! Was könnte man aus deiner Sicht noch tun für mehr Dirigentinnen, abgesehen von der Vereinbarkeit von Beruf und Familie?

Fotosession zum Podcast "Dein Weg. Dein Ziel" mit der Dirigentin Marie Jaquot und Bahnrad-Olympiasiegerin Miriam Welte | Bildquelle: BR/Thomas von der Heiden Schon mit 14 Jahren nahm Marie Jacquot Dirigierunterricht. Später studierte sie in Wien und war Assistentin von Kirill Petrenko. | Bildquelle: BR/Thomas von der Heiden Marie Jacquot: Ich glaube, ein Punkt ist auch, dass noch sehr wenige Dirigentinnen Professorinnen sind. In meinem Studium kam eine etwas jüngere Kollegin zu mir und sagte: 'Marie, ich bewundere dich, dass du Dirigentin bist. Ich wollte immer Dirigentin werden, aber ich habe es mir nie zugetraut, weil ich dachte, es wäre nur für Männer.' Sie hatte nie eine Frau dirigieren gesehen.

Suzanna Randall: Das heißt, du bist ein Vorbild.

Marie Jacquot: Genau, ich bin für sie ein Vorbild gewesen. Ich selbst habe zwar keine weiblichen Vorbilder gebraucht, um Dirigentin zu werden. Aber ich denke, mehr Dirigier-Professorinnen zu haben, das könnte helfen.

Suzanna Randall: Und vor allem könnte es nicht schaden! Danke für das Gespräch, Marie!

Marie Jacquot: Danke, dir auch!

Sendung: "Allegro" am 8. März 2022 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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