"Happy New Ears!” Die wünschte John Cage seinen Studierenden am Ende eines Workshops fürs neue Jahr. Inzwischen tragen nicht nur ein Designermöbelstück und diverse Konzertreihen diesen Namen, sondern auch eine Initiative der Hans und Gertrud Zender-Stiftung, die seit 2011 alle zwei Jahre einen Publizisten ehrt. In diesem Jahr: Jörn Peter Hiekel.
Bildquelle: Jörn Peter Hiekel/privat
Es steckt viel Idealismus in Cages Wunsch: Ohne Mauern, ohne Regelwerk im Kopf, ganz ohne Vorurteile, so sollten wir der neuen Musik begegnen. Mit frischen, neuen Ohren. Daran, die Ohren freizumachen, arbeitet der 1963 in Göttingen geborene Musikwissenschaftler Jörn Peter Hiekel seit fast drei Jahrzehnten so unablässig wie fokussiert. Das ist nachzulesen in zahlreichen journalistischen und wissenschaftlichen Texten und Büchern, die Hiekel als Autor oder als Herausgeber verantwortet. Allerdings braucht man dafür Zeit. Viel Zeit. Hiekel ist enorm produktiv.
Grundskeptisch und mit einer archäologischen Genauigkeit schraubt er sich gedanklich in die neue Musik hinein, um sie dann so präzise wie möglich zu benennen und so anschaulich es geht zu beschreiben. Mit offenen Ohren bewegt Hiekel sich durch die Szene. Sein publizistisches Interesse reicht vom Musiktheater über Filmmusik bis hin zu biografischen und musikphilosophischen Abhandlungen. 2016 legte er gemeinsam mit Christian Utz das bislang fundierteste und umfangreichste Lexikon zur Neuen Musik vor (Lexikon Neue Musik, erschienen bei Metzler/Bärenreiter). Ein lückenschließendes Standardwerk.
Trotzdem ist Hiekel kein Schreibtischtier. Der studierte Kontrabassist spielte jahrelang in Barockensembles und Big Bands. Er ist Professor an der Dresdner Musikhochschule und leitet dort das Institut für Neue Musik. Hiekel engagiert sich in verschiedenen Verbänden und Akademien, leitet seit 2009 das Vermittlungsprojekt KlangNetz Dresden und hat im Jahr 2014 den erstmals verliehenen Sächsischen Lehrpreis erhalten. Jetzt kommt der Happy New Ears-Preis hinzu, mit dem die Hans und Gertrud Zender-Stiftung Publizisten auszeichnet, die "zum Bilden der "Neuen Ohren" beitragen, wie der im Oktober kurz vor seinem 83. Geburtstag verstorbene Hans Zender es formulierte.
Verliehen wird Hiekel der Preis am 22. November 2019 um 17:00 Uhr in der Bayerischen Akademie der Schönen Künste in Zusammenarbeit mit der musica viva und BR-KLASSIK.
BR-KLASSIK sendet einen Beitrag zur Preisverleihung am Dienstag, 3. Dezember 2019, um 22:05 Uhr in der Sendung Horizonte.
Happy New Ears ist der Name einer Initiative der 2004 gegründeten Hans und Gertrud Zender-Stiftung. Diese vergibt seit 2011 alle zwei Jahre zwei Preise, die der Förderung und Unterstützung der Neuen Musik dienen wollen: den Happy New Ears-Komponistenpreis und den Happy New Ears-Preis für Publizistik zur Neuen Musik. 2019 geht der Komponistenpreis an Klaus Ospald und der Preis für Publizistik zur Neuen Musik an Jörn Peter Hiekel.