München, Florenz, Paris – gerade tourt Hélène Grimaud quer durch Europa. Um bei ihren Reisen CO2 einzusparen, hat sich die Pianistin für das Auto als Transportmittel entschieden. Ihr Umweltengagement hört damit aber noch lange nicht auf. Da ist ja noch die Sache mit den Wölfen.
Bildquelle: Mat Hennek
Pianistin verzichtet auf Flugreisen
Interview mit Hélène Grimaud
Nach zwei von Corona geprägten Jahren könnte 2022 DAS Konzertjahr werden. Die großen Festivals gehen wieder an den Start, Künstler*innen planen Tourneen wie vor der Pandemie. Auch die französische Pianistin Hélène Grimaud tourt gerade durch Europa. Doch in das euphorische Gefühl der Freude über die sich wieder füllenden Konzertsäle und den Applaus am Ende mischen sich langsam auch wieder andere Gedanken. Nämlich: um ein während Corona etwas in Vergessenheit geratenes Thema: Wie ist das eigentlich mit dem Reisen und dem Klima? Wie nachhaltig können Konzerttourneen sein? Und wie kann ein zeitgemäßes, umweltbewusstes Musikerleben aussehen?
Hélène Grimaud ist ökologisches Bewusstsein wichtig. Die engagierte Naturschützerin verzichtet auf Flüge. Sie reist stattdessen mit dem Auto, um von einem Konzertort zum nächsten zu gelangen – auch wenn's länger dauert. "Ich bin stolz darauf", sagt Grimaud. Und schränkt gleich ein: "Ja, mit dem Zug wäre es natürlich noch besser gewesen. Aber wir haben auch eine Verantwortung, uns möglichst wenig dem Risiko von Corona auszusetzen, um die Konzerte nicht zu gefährden."
Hélène Grimaud, ihr damaliger Partner Henry Fair und der 7-jährige Wolf Apache im New York Wolf Conservation Center, 1999 | Bildquelle: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | STEPHEN CHERNIN
Der gewissenhafte Umgang mit der Natur steht nicht erst seit gestern auf Hélène Grimauds Prioritätenliste. 1991 besuchte Grimaud, die aus Frankreich stammt und in den USA lebt, einen Bekannten, der eine Wölfin als Haustier hielt. Sofort spürte Grimaud eine Verbindung zu dem Tier – und lebte von da an mit Wölfen zusammen. Zuerst noch mit einzelnen Tieren in ihrer Wohnung.
Später, als sie genug Geld durch Konzerte angespart hatte, richtete sie ein Wolf Zentrum für Zucht und Schutz der Tiere (Wolf Conservation Center) in der Nähe von New York ein. Die Einrichtung widmet sich der Reintegration von Wölfen in ihre natürliche Umgebung. Durch Vorträge und unmittelbare Begegnung mit Wölfen sollen dort außerdem Kinder und Jugendliche für ökologische Zusammenhänge und den Artenschutz sensibilisiert werden.
Auch in der aktuell immer wieder aufflackernden Diskussion um die Abschusserlaubnis für Wölfe bezieht Hélène Grimaud eindeutig Stellung. Solange die Population dieser Tiere noch nicht wieder ein Niveau erreicht habe, "wo ein Überleben aus sich selbst heraus gesichert ist, müssen die Wölfe geschützt werden, und es muss ein striktes Abschussverbot geben", sagt sie.
Gleichzeitig sei es natürlich sehr wichtig, ein harmonisches Miteinander von Mensch und Tier zu ermöglichen – und auch wenn das bedeute, dass ein bestimmtes Tier, das zum Beispiel den Bauern Probleme bereite, eliminiert werden müsse. "Es ist ein sehr sensibles Thema", so Grimaud. Und die Entscheidungen, wie immer sie ausfielen, müssten auf jeden Fall wissenschaftlich gut begründet sein.
Auch in der Musik findet die französische Pianistin viele Links in die Natur. Vor allem die Kompositionen der deutschen Romantik seien voll davon, sagt Grimaud. "Für mich steht das deutsche romantische Repertoire immer in Verbindung mit der Natur als die höchste Inspiration." Auch in ihren Einspielungen greift Hélène Grimaud immer wieder das Natur-Thema auf. Für das Cover ihres aktuellen Albums "The Messenger", das sie zusammen mit der Camerata Salzburg aufgenommen hat, ließ sich Grimaud in einem dichten Wald ablichten. Auf ihrer 2016 veröffentlichten Aufnahme "Water" widmete sie sich musikalisch dem Lebenselixier Wasser. "Der Musik zuzuhören bedeutet, der Natur zuzuhören" – lautet das Credo der Pianistin.
Sendung: "Allegro" am 18. Februar 2022 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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