Musikclown und Weltklasse-Jazzer Helge Schneider liebt das Klavier und die Improvisation. Von beidem hört man reichlich auf seinem neuen Album, aber es gibt auch Überraschungen und eine kleine Jazzgröße als Gast.
Bildquelle: Railroad Tracks (Broken Silence)
"Die Reaktion"
Das neue Album von Helge Schneider
"Es heißt ja nicht umsonst 'Spiel': Klavier spielen. Und im wahrsten Sinne des Wortes ist Spielen ja Spielen – und nicht ernst". So tiefgründig kann Helge Schneider werden, wenn er über sein neues Album spricht. "Die Reaktion" heißt es, Untertitel "The Last Jazz Vol. II".
Großer Musikclown mit kleinem Sopranino-Saxophon: Helge Schneider | Bildquelle: gymnasm "Jazz ist ja eine Musik, mit der man ziemlich schnell reagieren kann", sagt Schneider. Aber worauf reagieren? Klar, auf das Geschehen. Und geschehen ist so einiges. Die Corona-Krise ist ein großes Thema im Gespräch mit dem Musiker. Er wurde, wie so viele andere, ausgebremst. Er braucht die Reaktion des Publikums, das betont er immer wieder. Und dass die aktuellen Konzertumstände für ihn äußerst unbefriedigend sind: Es entstünde keine Atmosphäre bei den Konzerten, zumindest keine so direkte und unmittelbare, die sich Schneider wünscht.
"Wenn keine Atmosphäre ist, dann ist das große Nichts da und das große Nichts verbindet so schlecht Stück eins und Stück zwei." Der Fluss fehlt, aber trotzdem, Schneider zieht es auf die Bühne. Der Sommer ist voll mit Live-Terminen und da hat er einen Gast dabei, der auch auf dem Album erstmals zu hören ist: Charlie Schneider, Helges elfjähriger Sohn, ein leidenschaftlicher Jazzschlagzeuger. "Das ist ein Verwandter von mir, der ist noch ziemlich klein, der spielt aber so als wäre er groß".
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Helge Schneider & Charlie The Flash - The Tadd Walk
"The Tadd walk" heißt die gemeinsame Vater-Sohn-Nummer auf dem Album "Die Reaktion". Eine Komposition von Bebop-Pianist Tadd Dameron für die Band von Trompeter Fats Navarro. Ganz stilecht sind hier Trompete, Tenorsaxophon, Klavier und Kontrabass zu hören, alles gespielt von Vater Schneider und Schneider Junior trommelt herrlich rumpelnd dazu.
Instrumentalmusik steht im Fokus des Albums und verstärkt Musik mit Klavier. Sogar in Richtung Klassischer Musik bewegt sich Schneider diesmal mehr, aber sie ist oft komplett improvisiert: "Ich habe Händel, Beethoven und Bach so adaptiert im Kopf und dann irgendwas gespielt, wo man sagen könnte, vielleicht ist das im 18. Jahrhundert ausgedacht worden und jemand hat das dann den feinen Damen vorgespielt auf einem völlig kaputten Cembalo."
Ich möchte gerne improvisieren, vielleicht hält mich das auch am Denken.
Helge Schneider liegt am Klavier | Bildquelle: gymnasm Harmonisch überraschend modern fürs 18. Jahrhundert und ziemlich perlend lässt Helge hier die Finger über die Tasten laufen. Das ist nicht unbedingt spaßig, aber Humor steckt trotzdem drin. Die Jazzstücke swingen, haben aber auch sperrige Seiten. Der Einfluss von Jazzlegenden wie John Coltrane, besonders dessen Spielweise auf dem Sopransaxophon, oder Sonny Rollins mit seinem griffigen Tenorsaxophon-Klang sind deutlich zu spüren. An der Hammondorgel und mit der E-Gitarre hat Helge Schneider gerne mal den Blues, auch hier sind die Stücke mehr gute Musik als Klamauk. Den gibt es trotzdem auf "Die Reaktion", denn ein typisches Helge-Schneider-Album ist es allemal. Eines gehört aber zu jedem Stück dazu: die Improvisation. Egal, ob bei amüsanten Liedern, absurden Hörspielen oder swingenden Jazzkompositionen: "Ich bin ein Verfechter der Improvisation. Das kommt von der Musik. Ich möchte gerne improvisieren, vielleicht hält mich das auch am Denken."
"Leporello" am 21. Juli 2021 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK
"Jazztime" am 26. Juli 2021 ab 23:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Reaktion - Improvisation - Konfusion Musikclown und Weltklasse-Jazzer Helge Schneider spricht über sein aktuelles Jazzalbum "Die Reaktion", über Improvisation und über sich selbst in der dritten Person - Schneider-typisch schräg und überraschend tiefgründig. Moderation und Auswahl: Ulrich Habersetzer