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International Jazz Day 2024 Elf aktuelle Jazzmusiker:innen, die Sie kennen sollten

Der 30. April wurde 2011 von der UNESCO zum International Jazz Day erklärt. Hier Empfehlungen unserer Jazzredaktion, welche aktuellen Jazz-Musiker:innen Sie kennen müssen, von Finnland bis Südafrika und von Mexiko bis Neuseeland. Auch aus Bayern ist ein" Rising Star" dabei.

Rebecca Trescher | Bildquelle: Dovile Sermokas

Bildquelle: Dovile Sermokas

"Jazz kennt keine Grenzen, er ist eine universale Sprache der Gleichberechtigung und des Friedens", sagte Herbie Hancock, Jazzlegende, Pianist, UNESCO-Botschafter für interkulturellen Dialog und Schirmherr des "International Jazz Day". Die universale Sprache des Jazz wird in allen Erdteilen "gesprochen". Die BR-KLASSIK-Jazzredaktion stellt Ihnen Jazzmusiker:innen der aktuellen Szene vor, die besonders persönliche und starke Musik machen.

Rebecca Trescher (*1986, Deutschland) - Klarinette

Die Klarinettistin Rebecca Trescher wurde im Jahr 2022 vom renommierten New Yorker "Downbeat Magazine" mit dem Prädikat "Rising Star" ausgezeichnet. Sie komponiert und spielt Musik, die einen beim Zuhören auf die Stuhlkante befördert, weil sie so packend ist. Für ihr Tentett, das sie 2013, noch als Studentin an der Musikhochschule in Nürnberg, gegründet hat, schreibt sie Stücke, die in herrlichen Klangfarben leuchten – auch dank der ungewöhnlichen Besetzung. Neben der Rhythmusgruppe plus vier Holzbläsern, die Saxophone, Klarinetten und Flöten spielen, und einem Trompeter, wartet das Ensemble mit Harfe, Cello und Vibraphon auf. Harmonisch vielschichtig, voller Poesie und expressiver Kraft, symphonisch inspiriert und mit der immensen kreativen Gestaltungskraft ihrer Spieler, respektive ihrer eigenen als starke Solistin ausgestattet, entwickelt jedes Stück ungeheure Sogwirkung und befeuert das Kino im Kopf. Großartig!

Rebecca Trescher in der ARD Mediathek

Am 21.März 2024 stellte das Rebecca Trescher Tentett das Programm ihrer fünften CD im Multifunktionssaal des BR in Nürnberg  in einem spektakulären Pre-Release Konzert vor. Nun können Sie es exklusiv in der ARD Mediathek erleben.

Linda Fredriksson (*1985, Finnland) – Saxophon

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Linda Fredriksson – Neon Light [and the sky was trans] | Bildquelle: Linda Fredriksson (via YouTube)

Linda Fredriksson – Neon Light [and the sky was trans]

Innig, konzentriert und auf der Suche nach dem konturenschärfsten Ausdruck: Die 1985 geborene finnische Alt- und Baritonsaxophonistin Linda Fredriksson spielt Musik als radikal persönliches Statement. Kraftvoll sind die Spuren, die sie etwa mit dem Baritonsaxophon zieht, in Eigenkompositionen mit oft sehr lyrischen und griffigen Melodien. Linda Fredriksson, die sich 2022 in einem Interview als nicht-binäre Person bezeichnete, setzt sich in ihrer Musik – oder mindestens in Titeln ihrer Stücke wie "Neon Light (and the Sky was Trans)" – auch immer wieder mit dem Thema Selbstfindung und eigene Positionierung auseinander. Beim Festival "Sparks and Visions" in Regensburg 2023 hatte sie einen bejubelten Auftritt.

Shuteen Erdenebaatar (*1998, Mongolei) – Klavier

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Shuteen Erdenebaatar: "In a Time Warp"  (Live from Bavarian National Radio) | Bildquelle: motemamusic (via YouTube)

Shuteen Erdenebaatar: "In a Time Warp" (Live from Bavarian National Radio)

Sie kommt aus einer Musikfamilie, lernte früh Klavier, studierte in ihrer Heimatstadt Ulan Bator das Instrument und Komposition, beides im klassischen Bereich. Dann kam sie über ein Austauschprogramm nach München und studierte Jazz. Eine neue Welt öffnete sich für Shuteen und eine alte wurde verschlossen. Kurz vor Beginn der Pandemie kam die Künstlerin nach München, aber erstmal kam sie nicht mehr nach Hause zurück in die Mongolei. Fast vier Jahre lang konnte die Pianistin nicht reisen. Diese Zeit nutze sie allerdings so gewinnbringend kreativ, dass sie heute zu den herausragenden Musikerinnen der aktuellen Jazzszene gehört und eine Musik mit starken Melodien und packenden Grooves komponiert.

Sun-Mi Hong (*1990, Südkorea) – Schlagzeug

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Sun-Mi Hong - Care Less | Bildquelle: Edition Records / E2 Music (via YouTube)

Sun-Mi Hong - Care Less

Ihre Musik ist wie eine Schule des Lauschens: Ihr Schlagzeugspiel kann auf ganz leise Art einen riesigen, weiten Raum abdecken, bei dem in jeder Ecke kleine Klangsensationen zu entdecken sind. Die Schlagzeugerin Sun-Mi Hing wurde 1990 in Südkorea geboren und hat in Amsterdam studiert. Mit eigenen Projekten gewann sie 2021 den bedeutenden niederländischen Edison Award und ihre CD "Third Page: Resonance" wurde 2023 bei BR-KLASSIK in die Liste der zehn besten Jazz-Alben des Jahres aufgenommen. Feinste Strukturen und hochexpressive Momente hat ihre Musik im Quintett mit dem schottischen Trompeter Alistair Payne, dem italienischen Saxophonisten Nilolò Ricci, der koreanischen Pianistin Chaerin Im und dem italienischen Bassisten Allessandro Fongaro. Ihr Programm des "Third Page"-Albums stieß auch beim Jazzfest Berlin auf begeisterte Resonanz. Selten sind Emotionen in so vielfältigen Nuancen dargestellt wie in den mal hauchzarten, mal hochexpressiven Stücken Sun-Mi Hongs.

Hayden Chisholm (*1975, Neuseeland) – Saxophon

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Hayden Chisholm & Unwind "Evening and Morning Calm" - live at CJC Creative Jazz Club special event | Bildquelle: CJC Creative Jazz Club Aotearoa (via YouTube)

Hayden Chisholm & Unwind "Evening and Morning Calm" - live at CJC Creative Jazz Club special event

So zart wie der Flügelschlag eines Schmetterlings ist sein Saxophonton. Hayden Chisholm hat den vielleicht schönsten Altsaxophonklang seit Paul Desmond, unendlich sanft, fein und definiert, mit größter Intensität, auch im leisteten Flüsterton. Aber nicht nur die Schönheit seines Klangs macht diesen Saxophonisten so besonders, er hat auch doppelt so viele Töne zur Verfügung wie viele andere. Der Neuseeländer hat das Spiel mit Vierteltönen perfektioniert. Bei ihm ist das kein interessanter Verfremdungseffekt. Chisholm schafft es wirklich, die Vierteltöne logisch und perfekt ausbalanciert in seine Improvisationen und Kompositionen einzubauen.

Fuensanta (*1995, Mexiko) – Gesang, Kontrabass

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6. No Será Regresar (Fuensanta Méndez -  Ensamble Grande) | Bildquelle: Fuensanta (via YouTube)

6. No Será Regresar (Fuensanta Méndez - Ensamble Grande)

Diese Klänge verzaubern sofort. Nur eine Stimme, sie scheint gleichzeitig zu klagen und zu jubilieren. Sie erzählt von mystischen Figuren, von magischen Kräften, von wilder Natur, die unbeschreiblich schön und gnadenlos brutal zugleich ist. Fuensanta Méndez ist eine Geschichtenerzählerin, der man immer folgen kann, auch wenn man kein Wort versteht. Ihre Musik pendelt auch zwischen diesen Extremen: geschmeidig, lieblich, zart und sperrig, hart und atonal. Der Kontrabass ist ihr Instrument neben der Stimme und es scheint, als sei er ihr Anker im Boden, der sie erdet, während die Stimme in den Himmel steigt.

International Jazz Day

Im November 2011 rief die UNESCO den 30. April zum "International Jazz Day" aus. Die UNESCO-Generaldirektorin Irina Bokowa konstatierte damals, Jazz überwinde Grenzen und bringe Menschen zusammen. Seit ihren Wurzeln in der Sklaverei habe diese Musik ihre leidenschaftliche Stimme gegen jede Art der Unterdrückung erhoben. Sie spreche eine Sprache der Freiheit, die in allen Kulturen von Bedeutung sei.

Fabian Almazan (*1984, Kuba) - Klavier

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"Benjamin" || Fabian Almazan Trio || This Land Abounds With Life | Bildquelle: Biophilia Records (via YouTube)

"Benjamin" || Fabian Almazan Trio || This Land Abounds With Life

Höchste Virtuosität trifft auf höchste Musikalität! Feurig, mitreißend, ungemein seelenvoll und klangverliebt, so kann man den Klavierstil des kubanischen Pianisten Fabian Almazan beschreiben. In seiner Heimat Havanna lernte er zunächst klassisch Klavier und versuchte dann sein Glück als Jazzstudent in New York an der Manhattan School of Music bei Jazzlegende Kenny Barron. Fabian fand sein Glück, und die Stars der Szene fanden ihn. Fabian Almazan spielt etwa im Quartett des Schlagzeuger Mark Giuliana, mit den Trompetern Ambrose Akinmusire, Dave Douglas oder Terence Blanchard. Darüber hinaus ist er Filmkomponist und engagierter Umweltschützer.

Susana Santos Silva (*1979, Portugal) – Trompete

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Susana Santos Silva & Fred Frith | Bildquelle: stef gijssels (via YouTube)

Susana Santos Silva & Fred Frith

Wie sie spielt keine! Über viele wird das gesagt, bei ihr trifft es zu. Die Portugiesin Susana Santos Silva bedient auf so unkonventionelle, so außergewöhnliche, so seltsame Art die Trompete - das kann nur sie.
Solo, im Duo oder mit Band, sie improvisiert völlig frei und grenzenlos mit den drei Ventilen, dem Trichter, dem Mundstück oder auch ohne Mundstück auf ihrem Instrument. Es kann manchmal 15 oder 20 Minuten in einem Solokonzert dauern, bis ein konventioneller Ton des Blasinstruments erklingt, vorher hat sie geschnarrt, gepfiffen, geschnattert, gegrunzt, geraunt. Dabei ist ihre Spielweise alles andere als ein Gag. Sie ist hochmusikalisch, im radikalsten Sinne aus dem Moment heraus improvisiert und absolut kommunikativ.

Lionel Loueke (*1973, Benin) – Gitarre, Gesang

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ARTEFAX / KITCHEN SESSION #5 LIONEL LOUEKE "Nonvignon" (L.Loueke) #Kitchensession #Artefax | Bildquelle: Artefax Studio (via YouTube)

ARTEFAX / KITCHEN SESSION #5 LIONEL LOUEKE "Nonvignon" (L.Loueke) #Kitchensession #Artefax

Wärme, Fingerspitzengefühl und ganz persönlicher Ton: Das bringt der Gitarrist und Sänger Lionel Loueke wie nur wenige mit. Dieser 1973 im westafrikanischen Staat Benin geborene Musiker singt mit ungemein weicher und biegsamer Stimme, die von zarten, tiefen Lagen mühelos ins Falsett springen kann. Und sein Gitarrenspiel ist wie eine Fortsetzung des Gesangs: ein Muster an rhythmischer Elastizität. Er singt und groovt in völlig eigener Samtigkeit. Doch sein Klang ist nie süßlich-soft, sondern im sanften Sound stets expressiv. Er studierte am Berklee College in Boston, spielte mit Herbie Hancock und Terence Blanchard und bildete mit Pianist Kevin Hays ein funkelnd-feinfühliges Duo. Sein Klang ist afro-amerikanischer Sound im besonderen Sinn.

Yumi Ito (*1990, Schweiz) - Gesang

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Yumi Ito - Love Is Here To Stay (Official Music Video) | Bildquelle: Yumi Ito (via YouTube)

Yumi Ito - Love Is Here To Stay (Official Music Video)

In englischen Texten formuliert Yumi Ito persönliches Erleben und Weltbetrachtung; in ihren wunderbar schwebenden Vokalisen und jauchzenden Improvisationen alles, wofür es keine Worte gibt. Eine geheimnisvolle Klangwelt tut sich auf, und überall dorthin möchte man ihrer Stimme folgen. Die Sängerin, Tochter einer polnischen Gesangspädagogin und eines japanischen Pianisten, ist zugleich Komponistin und Pianistin. Auf den letzten drei ihrer insgesamt fünf Alben bewegt sie sich in unterschiedlichen, aber immer zauberisch fluiden Instrumental-Umgebungen. Kammermusik und rockiges Songwriting, Pop-Appeal und swingender Puls, Partitur und improvisatorischer Freiraum verschmilzt zu einer lockend tönenden, in vielen Facetten eindringlichen Klangpoesie, von der man sich jeden Tag eine Dosis gönnen sollte.

Mthunzi Mvubu (*1985, Südafrika) – Saxophon, Querflöte

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Mthunzi Mvubu in concert @ House on the Hill | Bildquelle: House on the Hill (via YouTube)

Mthunzi Mvubu in concert @ House on the Hill

Sein Altsaxophon singt! Sein klarer, starker, präsenter Ton erzählt Geschichten. Mthunzi Mvubu gehört zu einer äußerst kreativen Generation von Musiker:innen aus Südafrika mit ganz weitem musikalischem Horizont. Im Projekt "Shabaka and the ancestors" begeisterte er als hohe Saxophonstimme neben dem rauen Tenorsaxophon des englischen Jazzstars Shabaka Hutchings. Aber auch in eigenen Projekten versteht es Mvubu kraftvolle Melodien und Improvisationen mit außerordenlichem Freiheitsdrang zu verbinden. Ein neues Album hat der Saxophonist und Flötist in Planung, da möchte er Jazz mit der traditionellen Maskandi-Musik der Zulu verbinden.

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