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"Magic Flute"–Regisseur Florian Sigl Dienen oder benutzen wir Mozart?

Klassische Musik und Mozart lernt der Regisseur Florian Sigl am Münchner Luisen-Gymnasium kennen und lieben. In seinen Werbefilmen spielt sie schon immer eine Rolle. Jetzt hat er seinen ersten großen Film in die Kinos gebracht: "The Magic Flute – Das Vermächtnis der Zauberflöte". Eine Gratwanderung zwischen Fantasy und Mozart.

07.11.2022, Bayern, München: Florian Sigl, Regisseur, kommt im Gärtnerplatztheater zur Deutschlandpremiere seines Films «The Magic Flute · Das Vermächtnis der Zauberflöte». Foto: Sven Hoppe/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ | Bildquelle: dpa-Bildfunk/Sven Hoppe

Bildquelle: dpa-Bildfunk/Sven Hoppe

BR-KLASSIK: Herr Sigl, am Ende des Abspanns danken Sie unter anderem zwei Lehrerkräften vom Luisen-Gymnasium. Was haben Ihnen die beiden mitgegeben?

Florian Sigl: Ich bin zur Kollegstufe auf das Luisen-Gymnasium gewechselt und diese letzten zwei Jahre waren mit die tollsten, die ich an der Schule hatte. Und da waren diese beiden Musiklehrer maßgeblich daran beteiligt. Wir haben damals "Orpheus und Eurydike" von Gluck aufgeführt. Das hat mich alles sehr geprägt und sehr inspiriert. Und deswegen wollte ich ihnen dafür danken.

BR-KLASSIK: War das auch der Grund dafür, dass jetzt Ihr erster großer Film ein Film mit klassischer Musik wird? War das praktisch eine Initialzündung oder hatten Sie sowieso vor, etwas mit Musik zu machen?

Florian Sigl: Ich hätte nie damit gerechnet, dass ich schon einen Film machen kann, in dem es um klassische Musik geht. Das war immer ein sehr großer Traum. Einer meiner wirklich mit Abstand größten Lieblingsfilme ist tatsächlich "Amadeus", und der hat mich auch sehr geprägt. Er hat sehr viel losgetreten bei mir persönlich. Als sich die Möglichkeit ergeben hat ... das ist dann so eine Entscheidung: Traue ich mir das zu? Und andererseits ist das wahrscheinlich die Chance. Die muss man nutzen. So einen Film, den gibt es halt auch nicht jedes Jahr.

Ein bunter Cast aus Sängerinnen und Schauspielern

BR-KLASSIK: Sie setzen Profisängerinnen und Sänger ein, sie setzen Schauspieler ein, die singen können, aber die dann natürlich im Film nicht wie Opernsänger klingen. Wieso haben Sie sich für diesen Cast, für diesen Mix entschieden?

The Magic Flute – Das Vermächtnis der Zauberflöte | Bildquelle: TOBIS Film /Luis Zeno Kuhn Der Cast ist eine bunte Mischung aus Sängerinnen und Schauspielern, die singen können. | Bildquelle: TOBIS Film /Luis Zeno Kuhn Florian Sigl: Das ist eine sehr spannende Frage. Film lebt natürlich auch von der Präsenz seiner Schauspieler und davon, dass er filmisch funktioniert. Das heißt, das war eigentlich so ein Abwägen: In welchen Teilen ist es wichtig, damit das Publikum emotional mit der Geschichte mitgeht, dass wir gute Schauspieler haben? Und andererseits wusste ich natürlich, dass es Partien gibt wie die Königin der Nacht oder auch Sarastro. Da ist es fraglos, dass man natürlich jemanden aus der Weltelite dafür braucht. Wir hatten viele Gespräche, vor allem mit dem Mozarteum, wie weit man da eigentlich gehen kann, was vertretbar ist. Ein Grundansatz war: Mozart hat damals für ein bestehendes Ensemble geschrieben. Emanuel Schikaneder wollte unbedingt auch auf die Bühne, deswegen hat er ihm den Papageno dann irgendwie so zurechtgeschrieben.

BR-KLASSIK: Er war ja auch kein Profisänger ...

Nein, gar nicht. Schikaneder war einfach nur Schauspieler. Das war ein Ansatz. Und der andere war die These: wenn Sie ein Theaterstück verfilmen, dann nehmen Sie auch ein bisschen Theatralik im Spiel raus, weil die Sprechtechnik, die Schauspieler haben, ja auch für die Theaterbühne gedacht ist und um einem ein Publikumsraum zu füllen. Der Ansatz war, hier im Musikbereich Ähnliches auszuprobieren und zugunsten der Authentizität ein bisschen zurückzugehen, vielleicht ein bisschen weiter weg von der Art und Weise, wie man die Partien bisher kannte.

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Eine Filmkritik zu Florian Sigls "The Magic Flute – Das Vermächtnis der Zauberflöte" finden Sie hier.

BR-KLASSIK: Und das Mozarteum hat mitgemacht?

The Magic Flute – Das Vermächtnis der Zauberflöte | Bildquelle: TOBIS Film /Luis Zeno Kuhn Bei der Entstehung haben Regisseur Florian Sigl, das Mozarteum und die Darsteller viel über das Verhältnis von Fantasy und Mozart gesprochen. | Bildquelle: TOBIS Film /Luis Zeno Kuhn Florian Sigl: Ja, erstaunlicherweise. Die haben uns sogar wahnsinnig viel Mut zugesprochen. Als erstes – das war ganz interessant – durfte ich Rolando Villazón treffen, und der war super gut gelaunt und dann plötzlich wurde er ganz ernst und meinte: Wie sehr willst du Mozart dienen und wie sehr willst du ihn eigentlich nur benutzen? Und das war eine super Frage, muss ich sagen, weil das ab dem Moment auch ein Leitfaden war. Da konnten wir dann gemeinsam diskutieren: Wie weit können wir gehen? Aber das Mozarteum möchte vor allem die Musik Mozarts auch einem breiten Publikum, jungen Leuten, ganz nahe bringen. Deswegen sind sie da sehr weit mitgegangen, was echt großartig war.

Der hat Teile dieser Geschichte einfach selbst erlebt, das ist seine Biografie.
Regisseur Florian Sigl über Jack Wolfe

BR-KLASSIK: Sie hatten gerade das authentische und sehr gute Schauspiel angesprochen. Das ist mir auch aufgefallen, ich habe mir den Film gestern angeschaut. Jack Wolfe spielt fantastisch, finde ich. Nicht nur der naive, mit großen Augen staunende Neuling im Internat, sondern der spielt auch alles mit, was er als Figur schon erlebt hat, den Verlust des Vaters und so weiter. Wie haben Sie den gefunden?

Florian Sigl: Das war natürlich ein Geschenk, den zu finden. Wir hatten eine ganz tolle Casting-Direktorin in London, und die hat 300, 400 Nachwuchsdarsteller in England gecastet. Das haben wir dann eingedampft – da waren so die letzten 20, 25 da – und da war eben Jack mit dabei. Als wir die ersten Screentests mit ihm gemacht haben, wussten wir: Der ist es! Der hat Teile dieser Geschichte einfach selbst erlebt, das ist seine Biografie. Er war selbst auch auf einem Musikinternat. Und was mir auch wichtig war, dass er auch trotzdem diese Zerbrechlichkeit irgendwie hat, weil er dadurch einfach nahbarer wird und man ihm das einfach mehr glaubt. Die Welt ist halt nicht immer nur strahlend, und es sind nicht immer alle nur Helden. Das hat er einfach super gemacht.

Neues Publikum steht im Vordergrund

BR-KLASSIK: Wer wird den Film am meisten lieben? Was denken Sie?

Ich hoffe, am meisten ein ganz neues Publikum, das gar nicht damit gerechnet hat, dass es diesen Film lieben wird, sondern die überrascht sein werden von diesem ... Naja, es ist ja ein mutiger, wilder Genremix irgendwie. Aber es soll vor allem unterhalten. Und wenn wir es schaffen, Menschen zu erreichen, die davor dachten, Oper oder Mozart interessiert mich eh nicht, das wäre eigentlich das Tollste.

Sendung: "Leporello" am 15. November 2022 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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