Als "rumänischer Vulkan" wurde sie mal bezeichnet. Denn auf der Bühne stand Julia Varady für Furor, Feuer und Selbstentäußerung. Nichts weniger als die Seele ihrer Figuren wollte sie ihrem Publikum mitgeben. Es sollte mitgenommen werden von dem Schicksal, das sich auf der Bühne abspielt. Jetzt wird Julia Varady 80 – und ist dankbar für viele Jahre Glück, wie sie sagt.
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Porträt
Zum 80. Geburtstag der Sängerin Julia Varady
Woher ihre unbändige Energie komme? Das sei Natur, sagt Julia Varady. Manche seien langsam, sie sei immer zu schnell. Ihr Mann, Dietrich Fischer-Dieskau, habe deshalb immer gesagt: "Bitte nicht Kolibri. Die leben nur kurz. Nicht Kolibri sein!"
Den rumänischen Musikhochschulen in Cluj und Bukarest verdankt sie ihre umfassende und hochprofessionelle Ausbildung. Schon mit Anfang 20 hat sie ein Dutzend große Rollen im Repertoire.
Ich habe nie einen Gedanken für Geld gehabt – aber für Freiheit.
Nach dem Machtantritt Ceauşescus 1965 ist ihr klar: Sie muss weg aus Rumänien. Ständige Überwachung, das war ihr unerträglich. "Wenn einem gesagt wurde, du musst jedes Mal das Tor des Opernhauses küssen, weil du reindarfst. Das hat mich immer erniedrigt."
1970 wird sie von Christoph von Dohnanyi nach Frankfurt engagiert und in der ersten Spielzeit mit sieben Hauptrollen bedacht. Schon ein Jahr später feiert sie ihren sensationellen Einstieg an der Bayerischen Staatsoper in München – als Vitellia in Mozarts "Clemenza di Tito".
Als reisende Virtuosin hat sich Julia Varady nie verstanden. In München fühlt sie sich wohl, also bleibt sie. Fünf Jahre im Ensemble – und bis zu ihrem Karriereende als ständiger Gast. Es hat so sein müssen, sagt sie – und zitiert Seneca: "Jeder Mensch hat einen "fil rouge", einen roten Faden vor der Nase. Nur nicht jeder packt ihn an der richtigen Stelle."
Julia Varady | Bildquelle: mwolf Diese Sängerin, so stark und selbstbestimmt sie ist, braucht Konstanten: Dirigenten wie Wolfgang Sawallisch, zu dem sie erst Vertrauen fassen muss; und Regisseure, bei denen sie sich wohlfühlt. Allen voran Jean-Pierre Ponnelle, der die Ausdruckskünstlerin Julia Varady immer bestärkt und ermutigt. "Der hat mir eigentlich nicht die Angst, aber das Bedenken weggenommen, wenn ich etwas auf der Bühne stark empfand", erinnert sie sich. "Und wenn ich das darstellen wollte und dachte, wie wird das sein? Er hat gesagt: Nein! Das interessiert uns nicht, was der eine oder andere sagt. Das, was du fühlst, ist wichtig."
Julia Varady – das ist Mozart und Richard Strauss, Puccini und Wagner. Und 1978 eine umjubelte Cordelia in Aribert Reimanns "Lear". Später präsentiert sie dem hingerissenen Publikum noch eine starke Verdi-Tragödin nach der anderen. Mit "Nabucco" schließt sich der Kreis: Zu Beginn stand die Fenena – am Schluss triumphiert sie mit der Abigaille. Und zwar mit über 50. Also in einem Alter, in dem vieles misslingen könne, sagt sie. "Da macht man sich viele Gedanken … Gott sei Dank. Und das muss man auch. Und ich habe gespürt, dass sie das nicht erwartet haben. Die waren überrascht." Der Schock ihrer Fans war groß, als sie 1997 verkündet, der Bühne Adieu zu sagen.
Heute schaut die Varady zurück auf ein reiches Leben und ist dankbar. "Für 50 Jahre Glück. Für alles." Und sie ist glücklich, erzählt sie, dass ihre Träume alle wahr geworden sind.
Sendung: "Allegro" am 01. September 2021 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Meine Musik – Prominente Gäste und ihre Lieblingsmusik. Zu Gast: Julia Varady. Samstag, 04. September 2021, ab 11:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Cantabile – Zum 80. Geburtstag der Sopranistin Julia Varady. Samstag, 04. September 2021, ab 13:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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