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Die Ära Petrenko bei den Berliner Philharmonikern hat begonnen Zweimal Einstand mit Beethoven

Am Freitag begann Kiril Petrenko offiziell seine Zeit als Chefdirigent der Berliner Philharmoniker, und zwar mit der Aufführung von Beethovens 9. Symphonie in der Philharmonie, tags darauf spielte das Orchester dasselbe Werk dann vor dem Brandenburger Tor für mehrere zehntausend Berliner und Berlin-Besucher.

Bildquelle: picture-alliance/dpa

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Er stammt aus dem sibirischen Omsk, und er ist ein überzeugter Europäer. Politisch und musikalisch. Kirill Petrenko hat Beethovens Neunte zum Antrittskonzert als Chefdirigent der Berliner Philharmoniker gewählt, um musikalisch deutlich zu machen: Konflikte glätten wir nicht, nicht mit Beethoven, und schon überhaupt nicht in den ersten drei Sätzen. Da klingt die Musik düster und zerrissen, dissonant bis in eine schmerzhafte moderne Klangwelt, kriegerisch, und selbst Kantilenen wirken wie schwere Seufzer.

Petrenko ist musiküberformte Eleganz

Petrenko ist ein Meister des Ganzkörperdirigats, er tanzt und schwebt, aber nie um des Effekts willen, er gibt den Takt vor, den Rhythmus und die Dramaturgie der Erzählung. Gleichzeitig bewegt das Orchester ihn, und zwar tänzerisch vom Tango über den Twist bis zum Gangnamstyle, Petrenko ist musiküberformte Eleganz. In schwarzer Hose, schwarzem Hemd, schlank, extrem energetisch, ständig im Blickkontakt mit den 125 Musikern, den wunderbaren Solisten und dem zu Recht besonders bejubelten Chor.

Gesellschaftliches Ereignis

Mit Alban Bergs Symphonischen Stücken aus der Oper Lulu hat der Abend begonnen, wienerisch und verdorben, tragisch und bedrohlich. Kein leichter Anfang, umso mehr gerät Beethovens Neunte zum Triumph. Die Saisoneröffnung der Berliner Philharmoniker ist immer auch ein gesellschaftliches Ereignis, aus der Politik fehlte nur die Kanzlerin, sie weilt in Biarritz. In der restlos ausverkauften Philharmonie waren Wolfgang Schäuble, die Kulturstaatsministerin Monika Grütters, die Schauspieler Martina Gedeck, Christoph Waltz und Uli Matthes und der Sänger und Conferencier Max Raabe unter den 2.200 Gästen. Schließlich beehrte der Chefdirigent selbst den anschließenden Empfang, um eine hübsche Anekdote zu erzählen: 2002 hat Petrenko als neuer Dirigent an der Komischen Oper Simon Rattles erste Saisoneröffnung mit den Berlinern erlebt, im Saal, als Zuhörer von Mahlers Fünfter. Jeder, der ihm damals geweissagt hätte, er würde 17 Jahre später selbst Chef dieses Ausnahmeorchesters sein, dem hätte er geantwortet "Du spinnst". Jetzt ist er es, und sein erster Abend endete mit Standing Ovations.

Petrenko für alle auf der Fanmeile

Kirill Petrenko dirigiert Beethovens Neunte vor dem Brandenburger Tor | Bildquelle: picture-alliance/dpa Klassik-Fanmeile vor dem Brandenburger Tor am 24. August 2019. Kirill Petrenko dirigiert Beethovens Neunte. | Bildquelle: picture-alliance/dpa Ovationen gab es dann auch am Tag darauf von rund 35.000 Berlinern und Berlin-Besuchern. Auf einer extra eingerichteten Klassik-Fanmeile gab der neue Chefdirigent mit "seinen" Philharmonikern ein Open-Air-Konzert vor dem Brandenburger Tor, illuminiert in blauen Tönen bei bestem Sommerwetter. Und der Ansturm auf das Konzert hatte selbst die Organisatoren überrascht. Auf der Straße des 17. Juni, wo sonst zahlreiche Menschen die größte Silvester-Party Europas feiern oder bei Fußball-Meisterschaften mitfiebern, gab es diesmal zum Teil fast andächtige Stimmung – zu Beethovens Symphonie Nr. 9 d-Moll op. 125 mit dem berühmten Götterfunken-Finale, Schillers Ode an die Freude.

Kirill Petrenkos Antrittskonzerte bei den Berliner Philharmonikern

Freitag, 23. August 2019
Berlin, Philharmonie

Samstag, 24. August, 2019
Berlin, Open Air am Brandenburger Tor
Hier können Sie das komplette Open-Air-Konzert sehen.

Weitere Informationen zu den Konzerten gibt es auf der Homepage der Berliner Philharmoniker.

Sendung: "Piazza" am 24. August 2019 ab 08:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (2)

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Donnerstag, 29.August, 18:16 Uhr

Michael Füting

Antwort auf Hr. Richters Petrenko Kritik

Ach Herr Richter, gemach, gemach. In der Kunst, man könnte auch sagen Ästhetik gibt es nichts Ewiges und schon gar nicht, wie im Sport, Weltmeister. Alles, gerade um die Qualität eines Werkes zu halten, d. h. immer wider neu gehört zu werden, bewegt sich in Pendelbewegungen. Andere Zeiten, andere Bedürfnisse. Petrenkos Beethoven ist halt nicht so romantisch. Die leute, denen das gefällt sind keine Idioten...

Montag, 26.August, 10:17 Uhr

paul richter

petrenko

Begeisterung überall ,
was soll mich daran begeistern, ein ohne jedes Verständnis drauflosrackernder
mö chtegernchefdirigent rast in einem daurérforte durch solche einzigartigen stücke
wenn ich sowas hören muß ,verlässt mich jeder Lebensmut: ES KLINGT NICHT !!!
nicht die stücke , nicht das Orchester , nicht der Dirigent, der sollte dringend in die wüste geschickt werden, wie konnte es soweit kommen, Richard Strauß, Furtwängler, Celi haben dirigiert, wohin ist deren geistige kraft entschwunden? eine Tragödie ….

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