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Frauen im Orchester Kaum Konzertmeisterinnen

Der Frauenanteil in den Orchestern ist über die Jahre stetig gestiegen. Bis zum ersten Pult hat sich das allerdings nicht herumgesprochen. Konzertmeisterinnen sind eine seltene Spezies. Warum ist das so?

Bildquelle: Tobias Hase

Frauen im Orchester

Kaum Konzertmeisterinnen

Seit Februar ist Vineta Sareika-Völkner Konzertmeisterin der Berliner Philharmoniker, die erste Frau auf dieser Position in der fast 125-jährigen Geschichte des Orchesters. Auch die Münchner Philharmoniker hatten bis vor kurzem nur männliche Konzertmeister in ihren Reihen. Seit zwei Jahren ist Naoka Aoki auch hier die erste Frau auf dieser Position. Und das unter vielen, vielen Männer.

Konzertmeisterin Naoka Aoki versteht sich als Orchestermutter

Sie habe gar nicht gewusst, dass sie die erste Konzertmeisterin der Philharmoniker sei, sagt die Geigerin im Interview. "Die Rolle der Konzertmeisterin ist für mich wie ein neues Zuhause. Es fühlt sich ein bisschen so an, als wäre ich eine Mutter. Aber ich komme auch gut mit meinen Kolleginnen und Kollegen klar. Sie helfen mir und unterstützen mich." Viel Orchestererfahrung brachte Naoka Aoki zum Probespiel nicht mit, konnte einfach nur verdammt gut Geige spielen. Und doch schlüpfte sie sofort in die Rolle einer Orchestermutter, erzählt sie. Nach dem Chef oder der Chefin am Pult ist sie stets die Nummer Zwei des Abends. Eine Rolle, die auch im 21. Jahrhundert weitgehend Männern vorbehalten ist. Ein veraltetes Frauenbild hinterlässt auch hier seine Spuren.

Geschlechterklischees verhindern auch im Orchester weibliche Führungskräfte

Auch in ihrer japanischen Heimat sei das so, erzählt Aoki: "Bei uns in Japan sind Frauen traditionell im Haushalt, um den Ehemann zu unterstützen. Das hat sich mittlerweile geändert, aber als ich als Kind ins Konzert gegangen bin um ein Orchester anzuschauen, waren die Konzertmeister immer Männer. Auch mein Lehrer war Konzertmeister. Damals träumte ich davon, wie mein Lehrer zu werden – also Konzertmeisterin. Aber es gab damals einfach keine Konzertmeisterinnen zu sehen."

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Für Naoka Aoki ist also ein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen. Und immerhin: Ein bisschen hat sich die Orchesterlandschaft auch hierzulande verändert. Noch 1981 spielten bei den Berliner Philharmonikern nur Männer. Seitdem steigt der Frauenanteil stetig, und das in nahezu allen Berufsorchestern weltweit. Wieso bleibt das erste Pult dann weiterhin eine Männerdomäne?

Es geht vorwärts, allerdings langsam

Vineta Sareika-Völkner, Konzertmeisterin der Berliner Philharmoniker | Bildquelle: Neda Navae Erste Konzertmeisterin der Berliner Philharmoniker: Vineta Sareika-Völkner. | Bildquelle: Neda Navae Timo Varelmann vom Deutschen Musikinformationszentrum hat eine wissenschaftliche Studie zur Geschlechterverteilung in deutschen Berufsorchestern angefertigt und dabei festgestellt, dass die ersten Geigen einen Frauenanteil von etwa 60 Prozent haben. "Im tutti waren sogar zwei Drittel der Stellen durch Frauen besetzt. Je höher man aber kommt, bis hin zu den ersten Konzertmeisterinnen und Konzertmeistern, landet man nur noch bei etwa 30 Prozent Frauen.“

1982 kam mit Madeline Carruzzo erstmals eine Frau zu den Berliner Philharmonikern. Übrigens immer noch an selbiger Position aktiv . Erst über vierzig Jahre nach ihrem historischen Probespiel darf nun eine Frau erstmalig den prestigeprächtigen Posten ganz vorne antreten. Dass es auch anders geht, zeigt ein prominentes Beispiel in den USA. Bei den ebenfalls sehr traditionsreichen New York Philharmonic spielen derzeit ein Konzertmeister und zwei Konzertmeisterinnen. Eine davon, Sheryl Staples, bekleidet diese Position schon seit 1998.

Nur 15 Prozent Frauen bei den Wiener Philharmonikern 

Die sonst höchst traditionsbewussten Wiener Philharmoniker haben immerhin seit 2011 eine Konzertmeisterin, trotz sonst rekordverdächtig geringem Frauenanteil von nur 15 Prozent. Der Weg zu einer gerecht besetzten Orchesterlandschaft ist also noch ein langer. Nicht nur an der schönen blauen Donau, Isar oder Spree.   

Sendung: "Allegro" am 2. März ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (3)

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Samstag, 11.März, 17:57 Uhr

L

Enders

Sehr geehrter Herr Müller,
Als Musikerin eines deutschen Sinfonieorchesters kann ich berichten, dass nicht alle Orchester ihr Probespiel hinterm Vorhang durchführen. Selbst bei den Probespielen mit Vorhang sind meistens nur die erste, eventuell die zweite Runde hinterm Sichtschutz. Spätestens danach - in der finalen Runde - entscheidet der optische Eindruck mit. Ihr Kommentar stimmt damit nicht ganz.
Es gibt zudem tatsächlich (leider) immer noch Kollegen (der älteren Schule), die ganz unverhohlen ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen offen aussprechen, dass sie keine Frau in einer Führungsposition wünschen. Es ist kaum vorstellbar, aber leider immer noch Realität. Herzliche Grüße aus dem Orchesteralltag

Freitag, 03.März, 16:22 Uhr

Max Müller

Frauenanteil in Orchestern

Früher dachte ich immer, Journalisten müssten sich vor Verfassen eines Artikels gut informieren.
Wenn Herr Fischer das getan hätte, wüsste er, dass Probespiele für eine Orchesterstelle (gleich ob Tutti oder Konzertmeister) hinter einem Sichtschutz ablaufen, so dass die Zuhörer eben nicht erkennen, ob Mann oder Frau spielen.
Wenn es also bis jetzt nur wenige Konzertmeisterinnen gibt, liegt es einzig daran, dass sie nicht so gut gespielt haben wie ihre männlichen Mitbewerber.
Auch Herr Fischer kann doch nicht daran gelegen sein, Orchesterstellen nach Quote oder Parität ("gerecht") zu besetzen, sondern allein und ausschließlich nach Können und Qualität !

Donnerstag, 02.März, 09:32 Uhr

GUFO

Frauenanteil

Wann ist eine " Orchesterlandschaft gerecht besetzt"? Wenn n u r die Leistung zählt !Wenn unter dieser Prämisse ein ganzes Orchester weiblich ist, ist alles in Ordnung.

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