Auf neuem Terrain: Der Tenor Daniel Behle hat erstmals eine Operette geschrieben. In "Hopfen und Malz" dreht sich alles ums Bierbrauen. Am Samstag wurde das Musiktheater im Erzgebirge uraufgeführt – und sorgte für viel Gelächter im Publikum, trotz schwächelndem Libretto.
Bildquelle: © Dirk Rückschloß - Pixore Photography
Die beiden norddeutschen Dörfer Meersum und Ölsum wetteifern alljährlich um den ersten Preis beim regionalen Bierbrauwettbewerb. Seit Jahren gewinnt der Gastwirt Horst Flens aus Ölsum. Und seit Jahren scheitern auch die Brauversuche des Meersumer Ehepaars Letty und Max Fisch. Doch diesmal sind Letty im Traum vier Bayern erschienen und verkünden ihr, der Mönch Theophil könne ihr und ihrem Mann mit seinem Voodoo-Freibier helfen. Und tatsächlich: Theophil gibt sein Geheimrezept preis. "Das Bier aus dem Kloster St. Demenz, jeder mag's, keiner kennt's."
Soweit die ziemlich absurde Geschichte von Daniel Behles Bier-Operette "Hopfen und Malz". Und der Unsinn hat hier durchaus Methode. Das verraten schon die Namen des Personals. Da gibt es Senta und einen segelnden Holländer namens Bernd. Sie liebt die Berge – Senta Berger! Er das Segeln. Ihr wird davon schlecht. Bernd bekommt den Laufpass und besingt die "Wunde von Bernd" – einer der vielen Lacher der Uraufführung. Denn bei Behle bekommt Senta nicht den Holländer, sondern den Pilger Klaus: Senta Klaus!
In Daniel Behles Bier-Operette "Hopfen und Malz" tummeln sich Kalauer und Opern-Anspielungen. | Bildquelle: Marco Borggreve Daniel Behle hat seine erste Operette während des Kultur-Lockdowns komponiert. Es wimmelt hier von Kalauern und Opern-Anspielungen, sowohl in den Gesangstexten, als auch in der Musik. Es gibt wunderbar tänzerische Operetten-Nummern, es gibt Musical-Anklänge und vor allem viel Richard Strauss im Orchester. Ein wilder Stil-Mix, ein Einfall jagt den nächsten. Fast jede Nummer ist in sich stimmig, die Witze zünden, wenn man den Text versteht (was bei dieser überschäumenden Instrumentation nicht immer einfach ist). Der musikalische Spagat gelingt, aber trotzdem wird keine Operette daraus. Dazu ist es zu überladen, lässt dem Publikum zu wenig Zeit zum Nachsummen der durchaus vorhandenen Ohrwürmer. Nur einmal, beim Titellied des Flens, da singt es mit.
Und auch im Libretto überlagern die vielen Einfälle das, was selbst eine derart absurde Operette braucht: eine relevante Geschichte. Das sollte in einer Operette die Liebesgeschichte sein, also die von Senta Klaus. Sie beginnt bei ihrer ersten Begegnung fast schon magisch, wird dann aber erst am Ende des zweiten Akts wieder aufgenommen, ohne jeden Konflikt oder Zusammenhang mit der Handlung. Die soll sich eigentlich um den Bierbrau-Wettbewerb der beiden Dörfer Ölsum und Meersum drehen, doch bleibt dessen soziale Bedeutung für deren Bewohner rätselhaft.
Es fehlt der gesellschaftliche Hintergrund, dafür gibt es ein Überangebot an skurrilen Nebenfiguren, die sehr viel Raum bekommen – angefangen beim Mönch Theophil, der mal Pirat war, bis hin zu Letty, der Lady Macbeth der Wolfsbucht. An sich schöne Geschichten, die aber keine dramatischen Situationen ergeben. Erst im großen Finale werden die vielen Handlungsstränge verdichtet, gekrönt vom Auftritt von Mama Cervisia, gesungen von Renate Behle, der Mutter des Komponisten.
Daniel Behle wird verhört: Der Sänger hat im Alleingang eine 2,5-stündige Operette komponiert, mit höchst fragwürdigem Inhalt. Muss Kommissar Nicol gar die Kollegen von der Sitte heranziehen? "Das Verhör" auf BR-KLASSIK - Sehen Sie hier das Video.
Fantasievollen Ausstattung von Walter Schütz für die Operette "Hopfen und Malz", uraufgeführt im Januar 2023. | Bildquelle: © Dirk Rückschloß - Pixore Photography
Regisseurin Jasmin Solfaghari zeigt nicht nur in dieser Szene, dass sie ihr Handwerk beherrscht: Sie lässt Schafe singen, Bayern platteln und findet für jede Figur ein passendes Profil. Das hat nicht zuletzt dank der bis ins kleinste Detail fantasievollen Ausstattung von Walter Schütz durchaus seinen Reiz und manchmal sogar einen etwas altmodischen Theaterzauber. Da vergisst man auch gern, dass das Ensemble des Eduard Winterstein-Theaters sängerisch bisweilen an seine Grenzen stößt und auch das Orchester der Richard Strauss'schen Fülle des Wohlklangs nicht immer gerecht wird.
Für die geplanten Folgeproduktionen sollten Daniel Behle und Librettist Alain-Claude Sulzer jedenfalls noch einmal mit einem dicken Rotstift zurück in die Braustube, denn Hopfen und Malz leidet vor allem an seinem unausgegorenen Libretto.
Sendung: "Hopfen und Schmalz - Operetten-Boulevard" vom 22. Januar 2023. Die komplette Sendung können Sie hier eine Woche lang nachhören.
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