Mit seiner Oper "M - eine Stadt sucht einen Mörder" beweist Moritz Eggert, dass moderne Oper nicht anstrengen muss und unterhalten kann. Maria Ossowski war bei der Uraufführung in der Komischen Oper Berlin dabei.
Bildquelle: Monika Rittershaus
Eine musikalische Reise in den Kopf eines Mörders. Acht Kinder hat er auf dem Gewissen, die ganze Stadt jagt ihn. Polizei, Verbrecher und Bürger. Der Mörder malt zu Beginn das berühmte Hüpfspiel Himmel und Hölle mit Kreide auf den Boden, bevor die Kinder auf die Bühne springen. Das Libretto von Moritz Eggerts 100-minütiger Opernmischung gleicht dem Film. Die Spannung aber erzeugt die Musik. Im Film von 1931 wartet die Mutter auf ihre Tochter und ruft immer panischer deren Namen: Elsie.
Bildquelle: Monika Rittershaus Es ist ein heikler Stoff. Der Kindermörder, der so harmlos wirkt, bringt den Terror in die Großstadt Berlin. Weil die Razzien der Polizei die Verbrecherkreise stören, jagen ihn sogar die Ganoven und bringen den Mörder schließlich zur Strecke. In Fritz Langs Meisterwerk tritt der Täter zunächst nur als Schatten auf, bei Moritz Eggert und Barrie Kosky ist er die einzige stetig erkennbare Figur auf der Bühne, umrahmt von Kindern in Masken der Bürger oder von Kindern, die toben. Der Kinderchor der Komischen Oper spielt neben dem texanischen Bariton Scott Hendricks die Hauptrolle.
Eggert mischt Elemente aus Musical, Jazz, Rock und der "Dreigroschenoper", er zitiert Kurt Weill, Jahrmarktsklänge, Phil Glass, Steve Reich und kombiniert eingängige Melodien mit Synthesizern und Sphärenmusik zu einer Symphonie der Großstadt, aber auch zu einer psychologischen Reise in die Seele eines verirrten Menschen. Eines Mannes, der seine eigenen Abgründe nicht erkennen kann. Der erst weiß, was er getan hat, wenn er die Fahndungszettel liest. Der aber auch die Macht über die Presse und die Angst der Menschen genießt. Eines Mannes, der Gedichte von Walter Mehring singt wie jenes vom Zeitort, den er vergessen hat. Und der den Mund spitzt.
Bildquelle: Monika Rittershaus Bei Fritz Lang pfeift der Mörder immer eine Sequenz aus der "Peer Gynt"-Suite von Edvard Grieg. Eggert kombiniert Grieg mit Chor und Orchester, bevor eine Zeugin die Melodie erkennt. Eggerts Einakter entzieht sich allen Musiktheaterschubladen. 15 abendfüllende Opern hat er komponiert, sie überraschen in ihrer Stilvielfalt. Die neue Oper, die Mörderjagd, setzt Regisseur Barrie Kosky in starke Bühnenszenen um. Während das Orchester unter der Leitung von Ainars Rubikis mit Sängern des Consort Vocale, einem Tenor und einem Sopran im Orchestergraben die Klangbilder schafft, wandelt sich das Bühnengeschehen auf einem schmalen Steg, auf dem die Kinder dem Mörder nicht entkommen und er selbst weder seiner Seelenpein noch seinen Verfolgern entfliehen kann. Mal ziehen sie ihn durch Faltwände und Notausgangstüren, mal sitzen sie unter dem Gestänge. Schließlich packen ihn die Rachegötter. Die Ganoven haben den Kindermörder erwischt und wollen ihn totschlagen. Er setzt an zur letzten großen Klage.
"M – eine Stadt sucht einen Mörder" beweist, dass moderne Oper nicht anstrengen muss und unterhalten kann. Ein paar Buhrufe für den Komponisten zeigten aber auch, dass dieses genreübergreifende Klangbild im Gegensatz zur Rezensentin nicht jedem Zuhörer gefallen hat.
Fritz Langs berühmter Kriminalfilm aus dem Jahre 1931 in einer Vertonung von Moritz Eggert und in der Inszenierung von Barrie Kosky
Musikalische Leitung: Ainārs Rubiķis
Alle Termine und weitere Informationen auf der Website der Komischen Oper Berlin
Sendung: "Allegro" am 6. Mai 2019 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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