Die Saalauslastung von nur 25 Prozent stößt bei bayerischen Kulturbetrieben auf großes Unverständnis. Ist die Politik übers Ziel hinausgeschossen? Das legen zumindest zahlreiche wissenschaftliche Studien nahe. Die wichtigsten Erkenntnisse im Überblick.
Kein anderes deutsches Bundesland hat so strenge Corona-Regeln für Kulturbetriebe wie Bayern. Neben der Publikumsauslastung von nur 25 Prozent gilt eine 2G Plus-Regelung und FFP2-Maskenpflicht am Platz. Im Gegensatz dazu hat die Bayerische Staatsregierung am 11. Januar bekanntgegeben, in der Gastronomie die 2G-Regel nicht zu verschärfen. Hier dürfen alle Plätze ohne Maske belegt werden. Ein Ungleichgewicht, das sich zumindest wissenschaftlich nicht erklärt.
Die Ergebnisse einer Pilotstudie an der Bayerischen Staatsoper zeigten: Bei 500 Personen im Zuschauersaal besteht kein erhöhtes Infektionsrisiko. Die Luft im Nationaltheater wurde alle 9,5 Minuten vollständig ausgetauscht. Die Testphase lief vom 1. September bis zum 25. Oktober 2020 und wurde von einem Ärzteteam des Klinikums rechts der Isar in München, der TUM sowie Vertreter*innen des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit begleitet und fachlich bewertet. Im Zuge dessen wurde ein individuelles Hygienekonzept für die Bayerische Staatsoper mit einer lockeren Form der "Schachbrettbestuhlung" ausgearbeitet.
Wenn nur jeder dritte Platz im Theater- oder Konzertsaal besetzt ist und Maskenpflicht gilt, ist das Risiko, sich durch Aerosole mit Covid-19 zu infizieren, bei weitem geringer als im halbvollen Restaurant. Das zeigen Modellberechnungen der Technischen Universität Berlin vom Februar 2021. Die Forscher des Hermann-Rietschel-Instituts haben für verschiedene Innenräume eine Ansteckungsrate berechnet und diese in einer Infografik aufgelistet.
Die derzeit geltenden 25-Prozent-Auslastung für die Kulturbetriebe in Bayern habe man beschlossen, als in weiten Teilen Ostbayerns die Inzidenz über 1.000 gelegen habe, so Sibler. Das Bayerische Kabinett hat angekündigt, die Corona-Maßnahmen für die Kultur zu überdenken.
Sendung: "Leporello" am 12. Januar 2022 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK