Die berühmte Performance-Künstlerin Marina Abramović bringt erstmals eine eigene Opern-Performance auf die Bühne: "7 Deaths of Maria Callas". Am 1. September ist Premiere an der Bayerischen Staatsoper. BR-KLASSIK stellt die Künstlerin vor und geht ihrer besonderen Beziehung zu Maria Callas auf den Grund.
Bildquelle: Wilfried Hösl/Bayerische Staatsoper
Es war eine Art Erweckungserlebnis, als Marina Abramović mit 14 Jahren zum ersten Mal Maria Callas im Küchenradio ihrer Großmutter hörte. Es war, so sagt sie, wie eine Energiebombe für ihre Seele. Viele Parallelen sieht die Performance-Künstlerin heute zwischen sich und der legendären Sängerin: Abramović erzählt gerne, dass sie Callas ähnelt und deshalb in Griechenland oft auf ein Getränk eingeladen wird. Beide hatten eine tyrannische Mutter und eine unglückliche Kindheit. Und: Maria Callas lebte ihre Kunst ebenso radikal, wie es auch Marina Abramović tut.
Gegenstände, die man während der Perfomance "_Rhythm 0_" (1974) an der Künstlerin Marina Abramovic verwenden konnte | Bildquelle: picture-alliance/dpa Marina Abramović wurde 1946 in Serbien geboren, ihre Eltern waren Partisanen und Gefolgsleute Titos. Abramović studierte Malerei in Belgrad, in den frühen 70-er Jahren entwickelte sie erste "Performances". Ihren Körper nutzte sie dabei als Medium und Objekt zugleich. So legte sie zum Beispiel 72 Gegenstände auf einen Tisch, darunter eine Pistole, und ließ das Publikum mit sich machen, was es wollte. Als ihr jemand die geladene Waffe in die Hand drückt, brechen Zuschauer die Performance ab. Abramović geht es um das Überwinden und Ausloten von Grenzen, wie der des Schmerzes oder der Angst. Das Publikum soll dabei seine eigenen Grenzen reflektieren. In den 90-er Jahren wurden Abramovićs Arbeiten politischer. Indem sie 1997 auf der Biennale im jugoslawischen Pavillon stundenlang blutige Tierknochen wusch, machte sie eindrucksvoll auf den Balkankonflikt aufmerksam. Zentral ist für sie, egal ob Performance in Ausstellungsräumen oder auf der Bühne: Das Publikum hat das letzte Wort!
Marina Abramović, die bekannte und wohl wichtigste Performance-Künstlerin unserer Zeit, hat diese Kunstform ständig weiterentwickelt und international etabliert. Ihre Arbeiten führten sie zu allen bedeutenden Ausstellungsorten der Welt: ins Pariser Centre Pompidou, zur Documenta nach Kassel oder zur Biennale nach Venedig, wo sie für ihre Performace "Balkan Baroque" 1997 mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet wurde. Über die Kunstszene hinaus erregte sie mit "The Artist is present" weltweites Aufsehen, als sie im New Yorker Museum of Modern Art 30 Tage während der Öffnungszeiten regungslos auf einem Stuhl saß und die Besucher – ihr gegenübersitzend – ihr in die Augen sehen konnten. Für viele war diese Begegnung so bewegend, dass sie in Tränen ausbrachen.
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Lange lehnte Marina Abramović Theater und Oper als zu künstlich ab. Nun gibt es doch eine Oper von ihr: "7 Deaths of Maria Callas", uraufgeführt an der Bayerischen Staatsoper in München. | Bildquelle: Wilfried Hösl/Bayerische Staatsoper
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Zuerst sieht man Maria Callas alias Marina Abramović in einem Bett liegen. Lebensmüde und sterbenskrank. Diagnose: gebrochenes Herz. | Bildquelle: Wilfried Hösl/Bayerische Staatsoper
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"Die Idee dieser Arbeit ist nicht der Tod an sich, sondern das Sterben aus Liebe", sagt Marina Abramović. "Dass Frauen für die Liebe gestorben sind, passiert seit Jahrhunderten. Und es wird auch immer weiter passieren." | Bildquelle: Wilfried Hösl/Bayerische Staatsoper
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Sieben Opernfiguren hat Abramovic ausgewählt: Traviata, Madama Butterfly, Lucia di Lammermoor, Desdemona aus Otello, Carmen, Tosca und Norma. Wie Geister aus der Vergangenheit treten sie der Reihe nach am Bett von Maria Callas auf. | Bildquelle: Wilfried Hösl/Bayerische Staatsoper
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Hinter der Szene laufen auf einer riesigen Leinwand Videos, in denen Abramović mit Willem Dafoe die Bühnentode der Figuren spielt. | Bildquelle: Wilfried Hösl/Bayerische Staatsoper
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Die originale Musik der Arien von Verdi, Puccini und anderen hat der Komponist Marko Nikodijevic zu einer Einheit verbunden, Dirigent Yoel Gamzou leitet das Bayerische Staatsorchester. | Bildquelle: Wilfried Hösl/Bayerische Staatsoper
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Die Premiere von "7 Deaths of Maria Callas" ist am 1. September 2020. Am 5. September ab 18.30 Uhr können Sie auf br-klassik.de die Opern-Performance selbst erleben. | Bildquelle: Wilfried Hösl/Bayerische Staatsoper
Theater und Oper lehnte Marina Abramović lange Zeit ab: zu künstlich, zu wenig Einbeziehung des Publikums, zu viel "so tun als ob". Mit "7 Deaths of Maria Callas" an der Bayerischen Staatsoper erfindet sich Abramović nun neu. Und natürlich wird sie in München keine "normale" Oper inszenieren. Eine Mischung aus Musik von Verdi, Puccini, Bizet – sprich den großen Rollen der Callas, performative Elemente und bereits gedrehte Videos werden in der Produktion eine Rolle spielen.
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7 DEATHS OF MARIA CALLAS: Teaser
Wir reduzieren die üblichen Elemente der Kunstform Oper auf ein Minimum und verbinden die Elemente Video und Performance, narrative Erzählung und Musik.
Sieben Bühnentode wird es in der Bayerischen Staatsoper geben, unter anderem von Tosca, Madama Butterfly oder Norma. Aber wir werden sogar noch einen achten Tod erleben: den der Maria Callas selbst, dargestellt von Marina Abramović. So werden die beiden nun endlich eins, fast 60 Jahre nach der ersten Begegnung über das Radio und intensiver Auseinandersetzung. Oder doch nicht? Wer in dieser Opern-Performance Maria ist und was Marina, wird das Publikum selbst entscheiden müssen.
Uraufführung: 1. September 2020
Bayerische Staatsoper, München
Musikalische Leitung: Yoel Gamzou
Regie und Bühnenbild: Marina Abramović
Videoübertragung auf BR-KLASSIK CONCERT: Samstag, 5. September 2020 ab 18:30 Uhr
Sendung: "Leporello" am 27. August 2020 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Kommentare (3)
Sonntag, 06.September, 20:27 Uhr
Klaus Forstmeier
7 Deaths
Wunderbar dass man sich bei der Bayerischen Staatsoper traut zu experimentieren.
Aber das war definitiv zu wenig Maria Callas aber deutlich zu viel (schwülstig) Abramovic.
Respekt zollen wir mit Sicherheit der Musik und dem Enseble , auch das Konzept ist begeisternd aber die Performance war ein wenig zu sehr maniriert und blieb hinter den Möglichkeiten zurück.
Samstag, 05.September, 21:05 Uhr
Frischmuth Maximillian
7 Deaths
Ich sehe meine Skepsis bestätigt.
Wenn man etwas gelernt hat aus dieser Aufführung, dann das, dass große Musik sich ihre Bilder selber schafft und keiner Bebilderung bedarf. Diese Visualisierung ist immer bemüht, aber, ob es nun ein Neumeier-Ballett zur Matthäusopassion ist oder eine Performance von La Fura dels Baus zur Schöpfung, sie stört oder im schlimmsten Fall zerstört die inneren Bilder im Zuschauer/Zuhörer. Hier kommt noch hinzu, dass Abramovics Performance die Grenzen zum Kitsch nicht nur, wie ein Kritiker schrieb, streift, sondern eindeutig überschreitet. Die letzte halbe Stunde war unerträglich, bis auf die originelle Idee des Putzgeschwaders, die das Sterbezimmer aufräumte und ein ein Memorial daraus machte.
Schade. Das hat weder die Callas noch der mutige Versuch der Intendanz der Staatsoper verdient. Ich hätte mir deshalb ein paar Buhs gewünscht.
Donnerstag, 03.September, 18:48 Uhr
Frischmuth Maximilian
7 Tode der Callas
Ich habe an sich eine sehr skeptische Meinung von dem Mix aus Performance und Videoeinspielungen als Kunstform. Andererseits sind "herkömmliche" Aufführungen von Opern, selbst mit modernen Regiekonzepten, unter den derzeitigen Bedingungen jedenfalls auf deutschen Bühnen weder möglich noch sinnvoll, zumal die einzige Resonanz des - sehr sporadisch im Raum sitzenden - Publikums im Zerklatschen des Handlungsablaufs besteht (wie man bei der Salzburger Aufführung einer ziemlich kastrierten Cosí fan tutte hören konnte).
Ich bin deshalb sehr gespannt auf das Werk von Marina Abramovic.