Jeder Athener Taxifahrer weiß, wo er wohnt: direkt unterhalb der Akropolis, mit Blick auf den Parthenon von seiner Dachterrasse aus. Mikis Theodorakis ist eine Institution, nicht nur in Griechenland. Ein Komponist, der die Grenzen zwischen E-Musik und U-Musik niedergerissen hat und politisch immer für die Versöhnung verfeindeter Lager gekämpft hat. Am 29. Juli 2020 feierte Theodorakis seinen 95. Geburtstag.
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Viele halten den Sirtaki für den griechischen Volkstanz schlechthin. Dabei ist dieser Tanz eine Erfindung aus dem Jahr 1964. Weil der Schauspieler Anthony Quinn bei den Dreharbeiten zu dem Film "Alexis Sorbas" ständig außer Tritt gerät, als er einen traditionellen Tanz aus Kreta vorführen soll, kreiert man schließlich eine neue, ganz einfache Schrittfolge für ihn. Der Komponist Mikis Theodorakis schreibt die Musik dazu, das Team tauft den Tanz "Sirtaki" – und Theodorakis wird damit weltberühmt.
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Greek Zorba Alexis Zorbas
Dieser Ruhm ist wie ein schwerer Stein, der mir um den Hals gehängt wurde. Er wird meinem Werk leider nicht gerecht und auch nicht meiner politischen Sicht oder gar meinem Handeln.
Der Mann, der das musikalische Bild Griechenlands geprägt hat wie kein zweiter, wurde in seiner Heimat immer wieder verboten, verbannt, mit dem Tode bedroht. Denn Mikis Theodorakis ist ein überzeugter Linker – seit er als junger Mann während des Zweiten Weltkriegs im Widerstand gegen die deutschen Besatzer kämpft. Den griechischen Bürgerkrieg überlebt er nur knapp, er wird ins Konzentrationslager deportiert, gefoltert, lebendig begraben. Später, nach dem Militärputsch 1967, wird er erneut inhaftiert. Sogar auf das Hören seiner Lieder steht Gefängnis. Aber Theodorakis zerbricht nicht und lässt sich nicht zum Schweigen bringen. Im Exil gibt er 500 Konzerte weltweit, um zum Sturz des Regimes aufzurufen.
Über 1000 Lieder komponiert: Mikis Theodorakis | Bildquelle: Picture-Alliance/KEYSTONE Komposition hatte Mikis Theodorakis in den 50er Jahren bei keinem Geringeren als Olivier Messiaen studiert. Anders als sein Freund Iannis Xenakis schloss er sich aber nie der Avantgarde an, sondern ging einen eigenen Weg zwischen symphonischer Tradition, behutsam modernen Techniken und folkloristischen Anleihen. Während er mit seiner zahmen Orchestermusik und seinen puccinihaften Opern wenig Glück hatte, wurde die kleine Form zu seiner großen Stärke. Über eintausend Lieder hat er geschrieben, viele auf Texte bedeutender griechischer Dichter. Dass Theodorakis auch noch als 95-jähriger wie ein Volksheld umjubelt wird, dass das Wort des einstigen Parlamentsabgeordneten und sogar Ministers noch immer Gewicht hat, liegt nicht zuletzt an diesen Liedern, die von so unterschiedlichen Künstlerinnen wie Maria Farantouri, Milva und Jocelyn B. Smith gesungen wurden und inzwischen weltweit zum Volksgut zählen. Mit seinen Melodien ist Mikis Theodorakis schon zu Lebzeiten unsterblich geworden.
Die Sendung "Cinema" am 2. August 2020 ab 18:05 Uhr widmet sich Mikis Theodorakis und blickt anlässlich seines Geburtstags auf sein bewegtes Leben als Sänger und Orchesterleiter, politischer Gefangener und FIlmkomponist zurück – natürlich auch mit seiner Musik zu "Alexis Sorbas".
Kommentare (1)
Freitag, 31.Juli, 16:49 Uhr
paul-ludwig voelzing
theodorakis
der journalismus, selbst der qualitätsjournalismus und damit auch der bayrisch-klassische, neigt zum superlativismus. ohne dass etwas oder jemand zum größten stilisiert wird, geht es nicht. das musikalische bild griechenlands haben -bei allen unbestrittenen qualitäten theodorakis'- glücklicherweise noch einige andere (mit)geprägt. ich will nur zwei nennen: chatsidakis und markopoulos. und ein publikum, das für eine solche musik offen war! und einige, die diese musik spielen und singen wollten!