Musik ist wichtig für die persönliche Entwicklung von Kindern, darin ist man sich einig. Doch mit der musikalischen Förderung in den bayerischen Grundschulen steht es nicht überall zum Besten. Und das liegt häufig an der Ausbildung der Lehrer.
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Mit strahlenden Gesichtern stehen die Kinder im Halbkreis um das Klavier. Es ist Montagmorgen kurz nach acht. Ihre Lehrerin Franziska Molz spielt ein kurzes Vorspiel, dann gibt sie den Einsatz. Die Kinder beginnen zu singen und klatschen rhythmisch dazu. Die Freude am Musikmachen sieht man ihnen deutlich an. Mit diesem Guten Morgen-Lied startet die 4. Klasse der Münchner Icho-Grundschule in den neuen Tag. "Es macht einfach Spaß, wenn man zwischendurch singt", freut sich Sarah. Manchmal werden zum Musikmachen auch Xylophone, Klangstäbe und Cajóns aus dem Schrank geholt. "Ich finde Musik wahnsinnig wichtig", sagt Franziska Molz. Sie musiziert viel mit ihrer Klasse - und das ist längst nicht in allen Grundschulen eine Selbstverständlichkeit.
Franziska Molz ist eine der wenigen, die Grundschullehramt mit Unterrichtsfach Musik studiert haben. Sie spielt Klavier, Akkordeon und hat außerdem eine intensive Gesangsausbildung genossen. Vielen ihrer Kollegen an den bayerischen Grundschulen geht es da anders. Ihnen fehlt die entsprechende Ausbildung. "Ich merke, dass viele einfach so ein bisschen Angst vor dem Fach haben", erzählt Franziska Molz aus den Erfahrung, die sie in den vergangenen Jahren - auch noch während der Ausbildung - gesammelt hat.
Viele Lehrer trauen sich Musik nicht zu.
Viele Grundschullehrer oder angehende Lehrer würden selbst kein Instrument spielen und hätten deshalb auch Hemmungen, mit der Klasse zu singen. Franziska Molz hat es wiederholt erlebt, dass sie um Rat gefragt wurde: "Ich habe viele gesehen, die sagen: Hast du nicht mal ne CD? Ich muss ja irgendwie Musik machen."
Bildquelle: picture-alliance/dpa Musikuntericht per CD-Player ist nicht die Optimallösung. Dass viele Grundschullehrer keine musikalische Ausbildung haben, liegt auf der Hand: Angehende Lehramtskandidaten wählen fürs Studium ein Unterrichtsfach und zwei Didaktikfächer. Musik ist nicht zwingend dabei. In der Unterrichtspraxis aber müssen die Lehrer später oft alle Schulfächer unterrichten. Das Bayerische Kulturministerium sieht keinen konkreten Handlungsbedarf. "Es ist kein Problem der Ausbildung", betont Ministerialrat Michael Weidenhiller. Grund sei vielmehr "die individuelle Schwerpunktbildung der Kollegen, die das studieren." Zugleich geht das Bayerische Kultusministerium davon aus, dass jeder, der in Bayern ein Staatsexamen für Grundschule habe, auch in der Lage sei, Musikunterricht zu erteilen.
Jeder, der in Bayern ein Staatsexamen für Grundschule hat, ist in der Lage Musikunterricht zu erteilen.
In der Praxis sieht es aber oft anders aus. Denn, woher soll’s kommen?
Wer wie Franziska Molz von Anfang an Musik als Unterrichtsfach studieren will, muss eine anspruchsvolle Aufnahmeprüfung bestehen: ein Instrument beherrschen, sich in Musiktheorie auskennen, ein Ensemble leiten können und eine Prüfung in Gehörbildung ablegen. Das trauen sich aber nur wenige zu, bedauert Klaus Mohr, zuständig für die Koordinierung des Studiengangs Schulmusik an der Münchner Musikhochschule. "Es ist so, dass wir uns - gerade was die Grundschule angeht -, mehr Bewerber wünschen würden", so Mohr. "Wir würden gerne mehr nehmen, wenn mehr qualifiziert genug wären."
Bildquelle: picture-alliance/dpa Wer Musik weder als Unterrichtsfach noch als Didaktikfach studiert hat, merkt oft spätestens im Schulalltag, dass ihm ein gewisses "Handwerkszeug" fehlt. Deshalb gibt es spezielle Fortbildungsangebote für Grundschullehrer - beispielsweise an der Münchner Musikhochschule. Doch häufig scheiterten solche Initiativen daran, dass die Lehrer nicht teilnehmen dürften, da sonst in dem Zeitraum Unterricht ausfallen würde, bedauert Klaus Mohr. Zugleich braucht die Entwicklung einer musikalischen Persönlichkeit aber auch eine gewisse Zeit. In wenigen Blockseminaren nachzuholen, was andere sich jahrelang intensiv angeeignet haben, ist kaum möglich.
Ein Problem des Musikunterrichts ist sicherlich auch, dass im Schulalltag oft Zeit vom Fach Musik zugunsten anderer, scheinbar "wichtigerer" Fächer abgeknapst wird. Gerade dann, wenn es in der 4. Klasse um den bevorstehenden Übertritt geht. Auch bei Eltern hat das Fach Musik meist generell keinen hohen Stellenwert, beklagt der Münchner Professor für Musikpädagogik Hans-Ulrich Schäfer-Lembeck. Musik gelte vielerorts als Luxus, ist er überzeugt.
Das ist aber nicht überall so: Im Raum Nürnberg beispielsweise gibt es inzwischen sogar sogenannte "Musikalische Grundschulen", an denen besonders viel gesungen und musiziert wird.