Seit Beginn des Krieges in der Ukraine brodelt die Debatte: Russische Künstler*innen boykottieren oder nicht. Nun hat Vladimir Jurowski, Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsoper, einen offenen Brief geschrieben, hunderte Künstler*innen haben ihn bereits unterzeichnet. Der Appell ist klar.
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"Stoppt den Krieg und wirkt dem pauschalen Boykott russischer und belarussischer Kulturschaffender entgegen", so lautet der Appell des russischen Dirigenten Vladimir Jurowski, dem sich bereits hunderte Künstler*innen angeschlossen haben. Sie alle stellen sich darin entschieden gegen den "skrupellosen Krieg" und Putins "totalitäres Regime". "Wir befürworten vorbehaltlos die Sanktionen und den diplomatischen Druck, die gegen das Putin-Regime und seine Handlanger, gegen seine Befürworter, Propagandisten und Informationsmanipulatoren sowie gegen Personen oder Organisationen, deren Verbindungen zu Putin und seiner Regierung eindeutig dokumentiert sind, ausgeübt werden", heißt es darin.
Unter der Vorwarnung, man wisse, dass der Brief in der jetztigen Situation unangemessen scheinen mag, erfolgt schließlich der eigentliche Appell: "Die Nationalität sollte keine Rolle spielen – niemand müsste seine Herkunft oder Staatsangehörigkeit rechtfertigen müssen." Denn nicht alle Russen und Belarussen unterstützten "diese schreckliche Invasion". Und Kulturschaffende aufgrund ihrer Nationalität von einer Veranstaltung auszuschließen, ohne ihnen persönlich zu schaden, sei nicht möglich.
Viele fühlten sich derzeit "wie Geiseln in ihrem eigenen Land." Nicht jeder könne sich öffentlich klar positionieren, ohne Gefahr zu laufen, seiner eigenen Familie, seinen Kollegen und Freunden zu schaden. Putin habe bereits sein eigenes Land überfallen und jede Opposition zum Schweigen gebracht. Man könne diese "hassschürenden Desinformationskampagnen" jedoch besiegen, wenn man eng zusammen stehe. Deshalb sollten auch alle Kulturschaffenden, die Putins Regime und den Krieg nicht unterstützen, weiterhin künstlerisch aktiv sein können.
"Wir fordern die sofortige Beendigung des Krieges gegen die Ukraine und drängen darauf, dass Fairness und Gerechtigkeit gegenüber russischen und belarussischen Bürgern herrschen, die nicht mit Putins Regime verbunden sind", heißt es am Schluss des Briefes.
Mehr als hundert Erstunterzeichnende haben den Brief unterschrieben, darunter namhafte Künstler*innen wie Sir Simon Rattle, Franz Welser-Möst, Tabea Zimmermann, Patricia Kopatchinskaja oder Barrie Kosky. Auf der Seite der Bayerischen Staatsoper ist er vollständig zu lesen.