Ballett gilt als harter Sport, zur Ausbildung der oft minderjährigen Jungen und Mädchen scheinen Drill und "schwarze Pädagogik" dazuzugehören. Das führte zu schweren Missbrauchsfällen an Ballettschulen. Die Münchner Ballett-Akademie will nun mit einem pädagogischen Konzept zur Veränderung der Tanzwelt beitragen.
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Die Hochschule für Musik und Theater München (HMTM) führt ein neues pädagogisches Konzept für ihre Ballettausbildung ein. Die Ballett-Akademie wolle so den Wandel in der Ballettausbildung aktiv gestalten und fördern, heißt es in dem Papier, das am Montag in München vorgestellt wurde. "Das Konzept ist ein klares Bekenntnis für einen wertschätzenden und respektvollen Umgang zwischen allen Mitgliedern unserer Ballett-Akademie, immer ausgehend von unseren jungen Tänzerinnen und Tänzern", wird der Präsident der Hochschule, Bernd Redmann, in einer Mitteilung der Musikhochschule zitiert.
Die Ballett-Akademie reagiert damit auf eine Diskussion über Unterrichtsmethoden in der Tanzszene, erst vergangenes Jahr gab es Berichte von Demütigung und Gewalt an der Wiener Ballettakademie. So spricht sich das neue Münchner Konzept deutlich gegen autoritäre Verhaltensweisen aus, die in der Tanzwelt nicht unüblich sind : Es solle künftig kein beleidigendes Feedback, keine unpassenden Bemerkungen zum Gewicht ("Body Shaming"), keine favorisierten Studierenden, keinen bloßen Fokus auf Resultate, keine Strafen für "nicht respektvolles Verhalten" geben. Stattdessen sollen die Studierenden ganzheitlich wahrgenommen und in ihrer individuellen Persönlichkeitsentwicklung gefördert werden. Helfen sollen dabei klare Strukturen und das Einbinden von Vertrauenspersonen. Zudem wolle die Schule eng mit den Eltern der oft minderjährigen Schülerinnen und Schüler zusammenarbeiten.
"Allen Verantwortlichen in der Tanzwelt sollte heute bewusst sein, dass der historisch-überlieferte Ansatz zur Ausbildung, geprägt durch ein autoritäres Meister-Schüler-Verhältnis, nicht mehr zeitgemäß ist", sagt Prof. Jan Broeckx, Leiter der Ballett-Akademie, in der Mitteilung. Das Konzept wurde während des vergangenen Studienjahres in Workshops mit Lehrenden und Studierenden erarbeitet und diskutiert. Laut HMTM sei es seit Oktober verbindlich und soll regelmäßig überprüft und angepasst werden. Der nächste Schritt sei aber nun, das Konzept in die "täglich gelebte Praxis" zu integrieren, wie Hochschulpräsident Redmann sagte.
Die Ballett-Akademie der Hochschule für Musik und Theater München ist die einzige staatliche Ausbildungsstätte für professionellen Bühnentanz in Bayern. Hier trainieren pro Jahr 40 Tänzerinnen und Tänzer im Bachelor-Studiengang Tanz, hinzu kommen laut Hochschule rund 60 besonders begabte Jungstudierende, die die Ausbildung neben der Schule absolvieren. Gegründet wurde die Akademie 1995 von Konstanze Vernon, Primaballerina und ehemalige Leiterin des Bayerischen Staatsballetts.
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