Gegen Ende des 17. Jahrhunderts lag in England die Verflechtung von Schauspiel und Oper voll im Trend. Auch Henry Purcell bediente zusammen mit dem Dramatiker John Dryden diese Mischform der "Dramatick Opera" in King Arthur. Der sagenhafte König Arthus kämpft gegen den Sachsenkönig Oswald um seine Geliebte Emmeline. Zum Personal gehören der Zauberer Merlin sowie diverse Geister und Nymphen. Regisseur Torsten Fischer hat das Werk für das Münchner Gärtnerplatztheater inszeniert; am Donnerstag war Premiere. Der Eindruck: faszinierende optische Effekte, doch zu wenig Profil.
Bildquelle: © Marie-Laure Briane
"Imagine there's no heaven …" Nein, dieser Text stammt nicht von John Dryden, sondern von John Lennon. Regisseur Torsten Fischer zitiert ihn trotzdem, denn für ihn passt er genau in die Kernaussagen von "King Arthur", Barockmusik hin oder her. Fischer sucht die Utopie des friedlichen Zusammenlebens in diesem Stück und unternimmt eine Zeitreise durch die Abgründe der Menschheit mit dem Ensemble des Münchner Gärtnerplatztheaters. Neben Chor und Gesangssolisten hat an diesem Premierenabend auch die Tanzcompagnie in der Choreographie von Karl Alfred Schreiner ordentlich zu tun. Das Orchester und der scheidende Chefdirigent Marco Comin sitzen unsichtbar unter der riesigen Schräge, die den kahlen, dunklen Raum der Münchner Reithalle dominiert. Akustische Verstärkung brauchen darum nicht nur die Schauspieler, sondern alle Beteiligten: Die Musik wird auf diese Weise zur stimmungsvollen, aber manchmal beiläufigen Farbe in dem von Schwarzweiß-Kontrasten dominierten strengen ästhetischen Konzept des Regisseurs.
"King Arthur" in München - die Premiere in Bildern.
Bildquelle: © Marie-Laure Briane Fischer zeigt das Grauen des Krieges sehr drastisch: Kehlen werden zur Musik durchschnitten, Chor, Tänzer und Solisten verschmelzen in den Massenszenen, reißen sich die Tüllkleider vom Leib und zerfetzen Pappkartons. Kühl und reduziert lässt Fischer die Schauspieler agieren, am ausdrucksvollsten darf Judith Rosmair die blinde Emmeline gestalten. Die Textfassung liefert bedeutungsschwangere Zitate und verzichtet auf einen Handlungsstrang. Auch die in viele Rollen schlüpfenden Sänger bekommen keine echten Charaktere zugeteilt. Tobias Greehalgh ist Zauberer Merlin, ebenso wie der berühmte Frostgeist, für dessen Szene es Zwischenapplaus gibt. Allerdings gilt der einem originellen Bühneneffekt: Aus schwarzen Müllsäcken ergießen sich zahllose weiße Kugeln, in denen die Darsteller versinken. Überaus dekorativ kommen sie in Glitzerkleidern wieder zum Vorschein. Starke Bilder, passend zur Musik.
Es mangelt nicht an moralischen Botschaften in dieser Neuproduktion von "King Arthur", auch faszinierende optische Effekte und eine erstaunlich symbiotische Ensembleleistung kann man bewundern. Was fehlt, ist ein scharfes Profil der Akteure und ein roter Faden. Zwar hält Ann-Katrin Naidu den ganzen Abend ein Wollknäuel in der Hand, darf aber auch nicht mehr als thematische Szenen-Überschriften vielsagend in den Raum rezitieren. So bleibt vom kunstvollen, bedeutungsschweren Konzept trotz des großen, sicht- und hörbaren Engagements ein eher unterkühlter Eindruck von diesem "King Arthur". Und den hat nicht der Frostgeist zu verantworten.
Bildquelle: © Marie-Laure Briane
Die Premiere der Neuinszenierung war am 8. Dezember, weitere Termine und Informationen unter gaertnerplatztheater.de.
Die nächsten Vorstellungen finden am Samstag, 10. Dezember, Sonntag, 11. Dezember und am Dienstag, 13. Dezember 2016 jeweils um 19:30 Uhr in der Münchner Reithalle statt.
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