BR-KLASSIK

Musik ist eine Sprache, die jeder versteht. Aber je nach Kultur hören wir sie anders. Das haben Forscher im Regenwald Boliviens herausgefunden. Dort spielten sie einem abgeschieden lebenden Volk Klänge vor, um zu testen, wie die Menschen reagieren.

Die Mitglieder des Tsimane-Volkes in Bolivien hatten bisher nie Kontakt mit westlicher Musik. Im Regenwald setzten die Forscher ihnen nun Kopfhörer auf und ließen sie Klänge hören. Und zwar Klänge, die westliche Hörer als harmonisch oder dissonant beschreiben würden. Die Probanden in Bolivien reagierten anders: Sie bemerkten keine ästhetischen Unterschiede. Die Tsimane fanden Dissonanzen ebenso angenehm wie konsonante, also harmonisch übereinstimmende Klänge. Insgesamt testeten die Wissenschaftler vom Massachusetts Institute of Technology in Cambridge 64 Mitglieder des Tsimane-Volkes.

Wir lieben, was wir kennen

Bildquelle: picture-alliance/dpa Eine Vorliebe für bestimmt Harmonien ist demnach nicht angeboren, folgern US-Forscher nun im Fachmagazin "Nature". Doch wenn wir in einer bestimmten Kultur aufwachsen, dann verlieren wir diese Offenheit. Die Forscher verglichen die Reaktion der Tsimane aus dem Regenwald mit zwei weiteren Gruppen: Mit bolivianischen Stadtbewohnern, die schon eine gewisse Hörerfahrung mit westlicher Musik hatten, und mit einer Gruppe aus den USA. Letztere bevorzugte harmonische Klänge am stärksten. Sollten die drei Gruppen jedoch andere Laute bewerten, etwa Lachen, Seufzen, oder synthetisch erzeugte Klänge, dann unterschieden sich die Bewertungen nicht voneinander.

Ergebnisse geben Ethnologen recht

Viele Forscher gehen bislang davon aus, dass die ästhetische Reaktion auf Klänge biologisch bedingt und somit weltweit angeboren ist. Musik-Ethnologen und Komponisten hingegen nehmen zumeist an, dass der Gleichklang, die Konsonanz, etwas mit der westlichen Musikkultur zu tun hat.