Eigentlich ist sie eher klein und verträumt, die Stadt Rudolstadt in Thüringen. Hier trafen sich einst Goethe und Schiller zum ersten Mal, hier weilten Schopenhauer und Wagner am Fuße der mächtigen Heidecksburg. Einmal im Jahr verwandelt sich der Ort jedoch in einen Treffpunkt der Weltmusik: Der Heinepark, die Innenstadt, Burghof und Burgterrasse, Theater und Stadtkirche werden zu Bühnen für Musiker und Musikerinnen aus allen Kontinenten.
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Die einen spielen zum Tanz auf, die anderen präsentieren künstlerisch ausgefeilte Arrangements, klassischer Folk ist genauso zu hören wie Rock, experimentelle oder elektronische Musik mit traditionellen Anklängen. Musiker wie Publikum - an die 60.000 waren es heuer wieder - feiern die Unterschiede und die Gemeinsamkeiten verschiedener Erdteile und Musikgenres. Aber, so betont Bernhard Hanneken, der künstlerische Leiter des Rudolstadt-Festivals: "Die Musik wird definiert durch einen noch hörbaren Anklang an Traditionen und an Wurzeln. Wir würden nie reinen Freejazz machen, ebenso wenig ein reines Klassik-Konzert, wir würden auch nie eine Punk- oder Technoband einladen. Auf der anderen Seite gibt es aber Grenzüberschreitungen, wo alle möglichen Stilistiken durchaus eine Rolle spielen können. Wir machen besipielsweise ein Konzert mit den Thüringer Symphonikern gemeinsam mit der schwedischen Folk-Musikerin Lena Willemark."
Dass Musik unterschiedliche Welten verbinden kann, wird jedes Jahr beim Rudolstadt Festival selbstverständlich gelebt. Trotzdem war es den Veranstaltern in diesem Jahr ein Bedürfnis, mit einem Singspiel auf ein Thema genauer einzugehen. "ARCHE NOAH reloaded" heißt das Auftragswerk, in dem sich die Autorin und Regisseurin Petra Paschinger mit dem Flüchtlingsthema auseinandersetzt: "Das Stück spielt mit Motiven aus der Geschichte um die Sintflut und die Arche Noah. Es geht um Noah, der nach der Trennung von seiner Frau deprimiert zurückgeblieben ist, als just in diesem Augenblick seine Nachbarin Paloma zurückkehrt und mit ihr Flüchtlinge, die in das Nachbarhaus einziehen."
Diese werden gespielt von wirklichen, in Deutschland lebenden Flüchtlingen: der Band Lanaya aus Burkina Faso, dem Dagan Ensemble aus Syrien, dem syrischen Kurden Salah Ammo und Kesaj Tchave, einer Roma-Band aus der Slowakei. Die künstlerische Leitung des Singspiels hatte der Allgäuer Trompeter Matthias Schriefl, der am Samstagnachmittag wenige Stunden vor der Uraufführung von "ARCHE NOAH reloaded" auf dem Festival den Weltmusikpreis RUTH überreicht bekam: Für seine Musik, die augenzwinkernd, gleichwohl ernsthaft und auf hohem Niveau Jazz, Punk und traditionelle Allgäuer Musik verbindet.
Auch im 25. Jahr seines Bestehens war das Rudolstadt Festival wieder ein friedliches Miteinander: Tanzen, Singen und gegenseitiges Zuhören, ein Fest der Ausgelassenheit, aber auch der filigranen Zwischentöne.
Das Rudolstadt Festival existiert seit 25 Jahren und fand 2016 vom 7. bis 10. Juli statt.