Die allererste Oper bei den Salzburger Festspielen war 1922 ein "Don Juan", also ein "Don Giovanni" auf Deutsch, am Pult stand damals Richard Strauss. Bis heute hat es in Salzburg 217 Aufführungen des "Don Giovanni" gegeben. Am Pult die Größten ihres Fachs: Bruno Walter, Herbert von Karajan, Karl Böhm, Daniel Barenboim, Riccardo Muti, Nicolaus Harnoncourt. Für die Regie waren u.a. Patrice Chéreau, Luca Ronconi und Martin Kusej verantwortlich. Jetzt steht eine neue Produktion auf dem Festspielprogramm. Das Leitungsteam im Jahr 2021: Teodor Currentzis und Romeo Castellucci.
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Salzburg, am vergangenen Donnerstagmittag um halb zwei: Sonnenschein, 25 Grad, ein leichtes Lüfterl weht. Die Salzach hat sich wieder in ihr angestammtes Bett zurückgezogen. Nur hin und wieder schwimmt ein kleines Stück Holz an der Festspielstadt vorbei. Von den Überschwemmungen kündet noch Strandgut: vom Wasser und den Steinen glattgewaschene bizarre Baumstammkreationen – wie das Bühnenbild eines Endzeitdramas. Zu dieser Zeit weiß ich noch nicht, was mich beim "Don Giovanni", der ersten Opernproduktion der diesjährigen Salzburger Festspiele, auf der Bühne erwartet. Und ja, kurze Zeit später, nach der nachmittäglichen Probe, ist klar: Da ist auch ein bisschen Holz dabei … neben allerhand anderen Sachen.
Bildquelle: SF / Ruth Walz Bis das musicAeterna Orchestra mit Wucht die ersten Töne der "Don Giovanni"-Ouvertüre in den Raum wirft, ist auf der riesigen Bühne des Großen Festspielhauses schon allerhand los. Ein italienischer Arbeitstrupp fährt Gerätschaften auf, um eine Kirche von Bildern, Kreuzen und Bänken zu leeren. Und am Schluss der Ouvertüre dann das hier: der Knall eines herunterfallenden Autos. So geht das die nächsten Stunden weiter: vorne wird gespielt und gesungen – und hinten fallen Sachen vom Himmel.
Der Bass Mika Kares muss sich keine Sorgen machen, dass ihm die Requisiten auf den Kopf fallen. Für ihn, den Darsteller des Komturs, hat man sich das Kostüm gespart, denn er steht nicht auf der Bühne, sondern direkt neben dem Dirigenten. Schmunzelnd merkt der stimmgewaltige Sänger an: "Ich habe immer noch Kostüme dabei, aber ich bin im Orchestergraben und nur 50 Zentimeter weg von Teodors Ohr. Das ist … ein bisschen spannend."
Ich glaube, es ist etwas anders, aber es funktioniert auch.
Was das für das Ohr von Teodor Currentzis bedeutet, wenn Mika Kares als Statue des Komturs seine Einladung zur Höllenfahrt anstimmt, wird man nach den sechs Salzburger Vorstellungen sagen können.
Regisseur Romeo Castellucci | Bildquelle: picture-alliance/dpa Zum ersten Mal arbeitet Currentzis mit dem italienischen Regisseur Romeo Castellucci zusammen – und outet sich als Fan von dessen Arbeitsweise. Denn für Currentzis ist "Don Giovanni" die Oper von Mozart, die am schwersten auf die Bühne zu bringen ist. Nicht musikalisch, sondern deswegen, weil Mozart alles an Inszenierung schon in seine Musik gepackt habe. "Da eine andere Psychologie hineinzubringen als das, was sich Mozart schon hat einfallen lassen, ist sehr, sehr schwierig. Zum ersten Mal habe ich jetzt jemanden gefunden, dessen Visionen mit denen von Mozarts Visionen zusammengehen."
Don Giovanni ist ein von Sehnsucht und Begehren Getriebener. So sehen ihn auch Currentzis und Castellucci. Aber ihn nur als "den Bösen" wahrzunehmen, ist ihnen zu billig. Man könne ja auch mal als vermeintlich "Guter" seine eigenen Werte in Frage stellen. Das habe auch Mozart schon gemacht: Don Giovanni zerstört und spaltet. Da ist Chaos und Unordnung. Aber das ist eben auch die Wirklichkeit, die hier Einzug hält und Leben hineinbringt.
Wir brauchen dieses Chaos und diese Unordnung.
Was ist denn nun Don Giovannis zentraler Wert? Ganz einfach: Liebe, sagt Teodor Currentzis. Dafür geht er sozusagen über Leichen. Im Grunde tut er das, was wir uns nicht trauen. Und deshalb muss er verdammt werden.
Soviel ist nach dieser Probe klar: So hat man diesen "Don Giovanni" noch nicht gesehen. In einer Inszenierung, in der man vor Überraschungen nicht sicher ist. In der Don Ottavio, von Szene zu Szene üppiger kostümiert, mit einem weißen Pudel nach dem anderen Gassi geht. In der 150 Salzburger Frauen und Mädchen dem Titelhelden ein bisschen Angst machen.
Sendung: "Allegro" am 26. Juli 2021 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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