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Frauen der Musikgeschichte Das kurze Leben der Vítězslava Kaprálová

In Tschechien ist sie nicht vergessen. Außerhalb des Landes ist sie aber weitgehend unbekannt: die Komponistin und Dirigentin Vítězslava Kaprálová. Ein musikalisches Wunderkind, das sich seines Talents bewusst war und in den 1930er Jahren ein beachtliches Werk geschaffen hat. Eine junge Frau, die bereits damals in die Männerdomäne der Komponisten und Dirigenten eindrang und den internationalen Durchbruch schaffte. Und eine tragische Figur, die mit nur 25 Jahren starb.

Tschechische Komponistin Vítězslava Kaprálová | Bildquelle: wikimedia/cc

Bildquelle: wikimedia/cc

Die Militärsinfonietta, ein machtvolles von Blechbläsern getragenes und gleichsam verschmitztes Stück von etwa 14 Minuten; uraufgeführt am 26. November 1937 von der Tschechischen Philharmonie im großen Saal der Prager Lucerna. Am Dirigentenpult steht damals die Komponistin selbst: Vítězslava Kaprálová, 22 Jahre alt. Eine doppelte Premiere: Das Flaggschiff der tschechischen Klassik wird erstmals von einer Frau dirigiert.

Vítězslava Kaprálová war zweifellos außergewöhnlich, indem sie die Grenzen dessen, was sich Frauen zu ihrer Zeit leisten konnten, weit hinausschob.
Kateřina Tučková, Schriftstellerin

Die Schriftstellerin Kateřina Tučková hat 2018 ein Theaterstück über die junge Künstlerin geschrieben, der Titel: "Vitka". Aufgewachsen ist Vítězslava Kaprálová in Brünn als Tochter eines Komponisten. Ihr erstes Stück schreibt sie mit neun Jahren zum Geburtstag ihrer Mutter. Mit deren Unterstützung, aber gegen den Willen des Vaters beginnt sie als 15-Jährige ihr Studium: Komposition und Dirigieren an den Konservatorien in Brünn und Prag.

Vítězslava Kaprálová weiß was sie will: eine bekannte Komponistin werden

Sie ist eine selbstbewusste junge Frau, die schon als Teenager genau weiß, was sie kann und will. Die Figur der Vitka macht das auf der Bühne deutlich: "Ich werde nach dem Konservatorium in die Meisterklasse nach Prag gehen, und danach werden sie mich auch in Amerika spielen. Und die werden dann überall schreiben: Junge tschechische Komponistin hat die Welt erobert." Diese Worte legt Kateřina Tučková der Komponistin in den Mund.

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Vítězslava Kaprálová - Military Sinfonietta Op.11 | Bildquelle: fyrexianoff (via YouTube)

Vítězslava Kaprálová - Military Sinfonietta Op.11

"Sie war eine Persönlichkeit, die sich überhaupt keine Gedanken machte, dass sie eine Frau ist und eine rein männliche Welt betritt“, erzählt Tučková über die Komponistin. Harte Ellbogen habe sie gehabt. Von ihrem Talent überzeugt ist sie ihren Weg gegangen, ohne darauf zu achten, was die Menschen um sie herum dachten.

Bohuslav Martinů: Lehrer und Geliebter

Dieser Weg führt sie 1937 nach Paris, auf Anraten von Bohuslav Martinů, der erst ihr Privatlehrer und dann ihr Geliebter wird. Sie studiert Dirigieren bei Charles Munch an der École Normale de Musique. In ihren Kompositionen sind auch die Einflüsse von Bartók und Strawinsky zu hören. Der internationale Durchbruch kommt 1938: "Als Brünnerin erreichte sie einen wahrhaft europäischen Erfolg, als das BBC-Orchester in London unter ihrer Leitung die Militärsinfonietta aufführte. Das war der Höhepunkt ihrer Karriere", erzählt Kateřina Tučková heute.

Auch eine schwache Gesundheit gehört zu ihrer Persönlichkeit

Die Wende folgt ein Jahr später, als die deutsche Wehrmacht in der Tschechoslowakei einmarschiert. Vitka bleibt in Paris und engagiert sich in der tschechoslowakischen Exil-Community. Zu ihrer Persönlichkeit gehören neben ihrem eisernen Willen und ihrem Selbstbewusstsein leider auch eine schwache Gesundheit. Schon als Kind war sie lungenkrank und deshalb öfter zu Kur. In Frankreich bricht die Tuberkulose wieder aus. Eine Tumor-Erkrankung kommt hinzu, ausgerechnet, als die Deutschen dort einmarschieren. "Nach der Operation hatte sie keine Zeit zur Erholung, sie flüchtete nach Montpellier, als die Front näher rückte. Das alles führte zu ihrem Tod im Juni 1940", berichtet Tučková, die sich intensiv mit dem Leben der Komponistin auseinandersetzte. Sie wurde nur 25 Jahre alt. Zwei Monate vor ihrem Tod hat sie noch ihren Freund Jiri Mucha geheiratet, den Sohn des Jugendstil-Malers Alfons Mucha.

Kaprálová hinterlässt rund 50 Kompositionen

Das Werk von Vítězslava Kaprálová umfasst rund 50 Kompositionen: Lieder und Chorstücke, Kammermusik und Sonaten, ein Klavierkonzert und eben die Militärsinfonietta.     

Sie ist zweifellos die erste tschechische Komponistin und Dirigentin, und sie gilt als eine der meistgespielten Komponistinnen überhaupt.
Kateřina Tučková

Nach Kriegsende wurde die Urne mit ihren sterblichen Überresten in ihre Heimatstadt Brünn gebracht und in einem Ehrengrab beigesetzt. Vítězslava Kaprálová war eine Kerze, die an beiden Ende brannte und viel zu schnell erlosch.

Sendung: "Allegro" am 23. August 2022 ab 6.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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